Die neuen Landsleute

TRIER. "Neue" deutsche Staatsbürger: 60 Männer und Frauen aus Osteuropa, Afrika, Lateinamerika und anderen Regionen dieser Welt haben in einer feierlichen Zeremonie im Trierer Rathaus ihre Einbürgerungsurkunde erhalten.

Eigentlich habe sie gedacht, das Ganze sei nur eine Formalität, ein Verwaltungsakt: Übergabe der Urkunde, Unterschrift bei der Vertreterin des Ausländeramtes und dann wieder nach Hause. "Aber ich musste doch aufpassen, das mir nicht die Tränen kamen", gesteht Graciela Ulrich-Sánchez nach der Einbürgerungsfeier im Trierer Rathaus. Die gebürtige Mexikanerin lebt sei neun Jahren in Trier, ihren Antrag habe sie vor allem ihrer Kinder wegen gestellt. "Wurzeln schlagen" sagt sie dazu. "Es ist für mich auch ein symbolischer Akt, sich der Kultur hier anzunähern."Erwartungsvolle Mienen

Die Dame aus dem Land der Azteken ist nicht die Einzige, die ihre Gefühle im großen Rathaussaal nur schwer unterdrücken kann. Allenthalben sieht man erwartungsvolle Mienen, aber auch eine gewisse Angespanntheit, gar Nervosität, während Oberbürgermeister Helmut Schröer rund 60 Menschen aus dem Libanon, Kuba, der Ukraine oder dem Iran nach vorne bittet und die grüne Einbürgerungsurkunde übergibt. Sie heißen Kadirow, Fazliji, Zamanizadeh, aber auch Lambrecht oder Tanato. "Sprechen Sie Deutsch?", fragt Schröer. "Wie lange sind Sie schon hier?" Der 34-jährige Leonid Pikman aus der Ukraine wohnt etwa seit zehn Jahren in Trier. "Aus familiären Gründen" sei er damals nach Deutschland gegangen. Landsmann Michel Berg ist bereits Deutscher, er kam vor elf Jahren an die Mosel. Diesmal wird seine Frau Victoriya eingebürgert. "Wir sind gekommen, um ein normales Leben zu führen", sagt ihr Mann, "Deutschland ist ein sicherer Staat." Andere, wie Edgar Huybens, sind hier geboren und aufgewachsen. "Mein Vater ist Belgier, aber ich habe mich immer deutsch gefühlt", erklärt der JTI-Sicherheitschef seinen Passwechsel. Um Deutscher zu werden, muss der Antragsteller in der Regel seit acht Jahren in Deutschland seinen Wohnsitz haben, sich zur demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik bekennen, straffrei sein, für sich selbst sorgen können und über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügen. Früher erhielten die Neubürger ihre Urkunde mit der Post zugestellt, seit März 2005 wird diese jedoch im Rahmen einer Feier übergeben. "Ein wichtiger Tag ist das heute, ein wichtiger Schritt in Ihrem Leben", sagte der Oberbürgermeister vor der Urkundenverleihung. Er könne verstehen, dass es nicht immer eine leichte Entscheidung sei, die alte Staatsbürgerschaft abzugeben. "Es bedeutet auch eine gewisse Abwendung von der bisherigen Heimat." Umso mehr erinnert er an die Rechte der Neubürger ("Sie sind jetzt auch EU-Bürger und genießen Reisefreiheit"), aber auch an die Pflichten. "Unser Staat kann nur leben, wenn sich viele mit ihm identifizieren." Nach etwa einer Stunde ist die Zeremonie beendet. Schröer geht ans Rednerpult. Mit "liebe Landsleute" spricht er die Anwesenden an, die Spannung löst sich. Das Streichquartett stimmt die Nationalhymne an, Alt- und Neubürger stehen gemeinsam auf, lauschen den Klängen von Joseph Haydn. Und Trier darf sich über 60 neue deutsche Staatsbürger freuen.

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