Geliebte Kanaldeckel

Im Lesesaal der Stadtbibliothek hat der Trierer Druck-Künstler Bernhard Maria Müller drei neue Bücher mit Grafiken vorgestellt, in denen die Kanaldeckel der Stadt eine zentrale Rolle spielen.

 Deckel unter Druck: Bernhard Maria Müller präsentiert seine Werke mit Unterstützung von Léandre Nsengimana Sangwa und Alice Fiedler. TV-Foto: Frank Göbel

Deckel unter Druck: Bernhard Maria Müller präsentiert seine Werke mit Unterstützung von Léandre Nsengimana Sangwa und Alice Fiedler. TV-Foto: Frank Göbel

Trier. "Sie werden missachten und getreten", klagt der Schüler Léandre Nsengimana Sangwa im Lesesaal der Stadtbibliothek, wo rund vierzig Gäste zusammengekommen sind, um die neuen Werke des Trierer Künstlers Bernhard Maria Müller zu sehen. Mit einer kurzen szenischen Lesung wird dabei auf eines der zentralen Motive eingestimmt, das auf vielen seiner Drucke zu sehen ist: Kanaldeckel oder "Schachtabdeckungen", wie Alice Fiedler als zweite Vortragende in bestem Beamtendeutsch korrigiert: "Genormt von begehbar bis schwer belastbar."

14 000 Stück gibt es davon allein in Trier, und Müller hat beschlossen, von einigen künstlerische Abdrucke zu machen. "Zunächst war mir das nicht so ganz geheuer", gibt er schmunzelnd zu, doch nach den ersten Gesprächen mit interessierten Passanten habe er langsam in die Aufgabe hineingefunden, sich etwa vorm Dom auf das Pflaster zu knien und die Deckel zunächst zu säubern, um dann gewissenhaft Ölfarbe darüber zu walzen, um schlussendlich einen großen Bogen Büttenpapier darauf zu pressen. Ein kurzer Film fasst den etwa einstündigen Vorgang zusammen.

Über 100 Jahre alter Deckel plötzlich verschwunden



Von einem Deckel von 1899, der trotz seines hohen Alters ungewöhnlich gut erhalten ist, macht Müller zunächst nur einen Teilabdruck für das Buch "Wasser". Als er später noch einmal einen Komplettabdruck machen will, ist der Deckel gegen einen schmucklosen neuen getauscht worden und der Vorgänger nicht mehr aufzufinden. Neben dem in einer Auflage von sechs Stück erstellten "Wasser" stellt Müller auch seine ebenso oft erstellte Collagensammlung "Trier aus der Vogelperspektive" vor: Hier hat er Teile aus aktuellen und historischen Stadtplänen, die etwa Gelände, Bewuchs oder Verkehrswege zeigen, mit den Grundrissen Trierer Gebäude oder Wohnviertel im Holzschnittverfahren überdruckt.

Nur einmal hergestellt wurde das Buch "Liebeserklärung", in dem die "Schachtabdeckungen" eine Symbiose mit einem kurzen, traurig-schönen Text des russischen Schriftstellers Daniil Charms eingehen.

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