Klingende Speichen

TRIER. (mew) "Stock über Stein" – mit dieser Kinderliedtext-Variation betitelt Bernd Bleffert seine Klangobjekte. Er kombiniert von Plastik bis Schiefer allerlei Materialien und begibt sich, wie er selbst sagt, "immer wieder auf die Suche nach neuen Tönen". Eine Passion, die auch die Ausstellungsbesucher schlagartig erfasste. Nach einer konzertanten Aufführung mit den "Tonwerken Trier" griffen sie selbst beherzt zum Schlegel und ließen ihren Spieltrieb freien Lauf.

Selten hat man so viele vor Eifer und Neugierde gerötete Wangen gesehen. Oder waren diese doch nur auf die steile Temperaturamplitude von drinnen und draußen zurückzuführen? Gut 200 Gesichtspartien glühten in Anbetracht des Aktionseifers ihrer Besitzer. Vom Schulkind bis hin zum gereiften Kulturgenießer zupften, schlugen, klopften, pendelten und drehten sie die von Bernd Bleffert gebauten Instrumente und entdeckten so eine eher ungewohnte Welt der Töne, jenseits von Handyklingeln und Autohupe.Flaschen als Klangkörper

Doch der gelernte Gärtner setzt nicht nur auf natürliche, sondern auch auf moderne Rohstoffe, um Klangerlebnisse zu kreieren. In seinen Sandtrommeln kommen beispielsweise Pet-Flaschen zum Einsatz, auch angerostete Radspeichen verwandelt Bleffert in Klangkörper. "Das Material selbst soll zum Klingen kommen", benennt Bleffert sein Ziel, welches er durch zwei Komponenten verwirklicht sieht: Berührung und Bewegung. An diesen fehlt es an diesem Abend beileibe nicht. Scheppernde Schieferplatten der Klangwand konkurrieren mit Lithophonen, Nagelpendeln, Langsaiten oder mannshohen Rauschrohren. Der Mann, in dessen Gesäßtasche während des gesamten Abends ein Geigenbogen steckt, bringt es tatsächlich zu Stande, ein gesamtes Obergeschoss zum Klingen zu bringen. Bernd Bleffert war bereits in seiner Kindheit von Tönen fasziniert. An der Ahr aufgewachsen, entdeckt er die - wie er feststellt - jahreszeitlich bedingten Unterschiede des Flussrauschens für sich und schwärmt noch heute von den Hörerlebnissen, die ihm die Winzer in ihren Weinbergen bescherten, wenn sie mit ihren Hacken den Schiefer bearbeiteten. "Mir war nie wirklich bewusst, dass Stein schwingen kann", gibt Bleffert zu. Dies änderte ein Marmor, den er während einer Italienreise kennen lernte. Als er dort auf einem Familienfest spielte, seien die Steinmetze auf ihn zugekommen, so überrascht seien auch sie darüber gewesen, welche Töne er ihrem täglichen Arbeitsmaterial entlockte. Ähnlich überrascht zeigt sich auch der ein oder andere Vernissage-Besucher. Besonderer Gast dieses Abends ist Blefferts Mutter, die mit ihren 81 Jahren zum allerersten Mal das Ergebnis der Arbeit ihres Sohnes zu hören bekommt. Gerührt umarmt sie ihn zum Schluss, auch ihre Wangen sind leicht gerötet - in diesem Fall aber wohl eher vor Stolz. Für Schulklassen besteht die Möglichkeit eines geführten Ausstellungsbesuchs. Anmeldung und Information unter 0651/29557 (Bernd Bleffert). Die Ausstellung läuft bis zum 25. Februar (Finissage um 18 Uhr) im zweiten OG der Tufa. Am 25. Januar, 1., 8. und 15. Februar finden um 23 Uhr Nachtaktionen statt.

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