Nah und teuer oder weit und günstig

TRIER. Wohnraum in Trier ist knapp – vor allem, wenn das Budget nicht allzu groß ist. Nicht nur bei öffentlich geförderten Wohnungen, sondern auch auf dem freien Wohnungsmarkt wird um jeden Euro und Quadratmeter gerungen. Eine Entspannung ist nach Einschätzung von Experten auch in Zukunft nicht in Sicht.

"Es war eine Odyssee", klagt Ruth Clemens aus Trier. Der Vermieter kündigte der 52-Jährigen ihre Wohnung am Trimmelter Hof wegen Eigenbedarfs zum 1. Dezember. "Ich war danach bei sämtlichen Baugesellschaften, bekam aber immer die gleiche Antwort: Wir haben leider nichts frei." Ruth Clemens kann nach einem Bandscheibenvorfall keine großen Treppen mehr gehen und braucht eine Wohnung im Erdgeschoss oder im ersten Stock. "Es ist schwierig, so etwas zu einem bezahlbaren Preis in Trier zu finden, denn wenn man Frührentner ist, sind 600 Euro Miete einfach nicht drin." "Der Wohnungsleerstand hat in den vergangenen zwei Jahren weiter abgenommen", erklärt Stefan Ahrling vom Vorstand der Trierer Wohnungsbaugesellschaft GBT. "Weniger als ein Prozent unserer Wohnungen stehen leer, im bundesdeutschen Durchschnitt sind es rund zehn Prozent." Von Januar bis September verzeichnete die GBT 133 frei gewordene Wohnungen - denen 576 Nachfrager gegenüberstanden. "Statistiken prognostizieren, dass die Bevölkerung in Trier noch bis zum Jahr 2020 weiter wächst, deshalb müssen wir auch weiterhin damit rechnen, dass der Druck auf dem Wohnungsmarkt entsprechend hoch bleibt." Das gilt auch für die von der Stadt Trier geförderten Wohnungen, die mit 2400 Wohneinheiten rund 70 Prozent des gesamten GBT-Bestands ausmachen. Insgesamt gibt es in Trier über 5000 geförderte Wohnungen.Jeder dritte Suchende ist allein stehend

Am 30. September beispielsweise zählte die Trierer Wohnungsberatungsstelle 340 Bewerber, die vorwiegend auf der Suche nach einer möglichst preisgünstigen Wohnung waren. "Erkennbar ist, dass in den vergangenen beiden Jahren die Ein- und Zweiraumwohnungen verstärkt nachgefragt wurden", erklärt Ralf Frühauf vom städtischen Presseamt. Aus dem Jahresbericht 2005 der Wohnungsberatungsstelle geht hervor, dass statistisch jeder dritte Wohnungssuchende allein stehend ist. Nur knapp jede zehnte Bewerbung gehört zur Kategorie "kinderreiche Familien". Auch auf dem freien Wohnungsmarkt ist die Situation nicht weniger angespannt: "Am problematischsten ist es, in der Innenstadt günstige Wohnungen zu finden", erklärt Silvia Nickel, Immobilienberaterin bei Immobilien Müller in Trier. "Auf jede freie Wohnung im Innenstadtbereich kommen mehrere Bewerbungen." Entspannter sei die Situation dagegen in außerhalb liegenden Stadtteilen. "Dort gibt es schöne Wohnungen, allerdings ist die Nachfrage in diesen Vierteln geringer." Die fünfte Auflage des von der Stadt Trier im Juni herausgegebenen Mietspiegels liefert einen Überblick über die mittlere Netto-Kaltmiete auf dem freien Wohnungsmarkt, die in Trier im Durchschnitt bei 5,37 Euro pro Quadratmeter liegt. Dabei gilt der Grundsatz: Je kleiner die Quadratmeterzahl, desto höher die relative Miete. Mit 4,65 Euro sind Wohnungen von 81 bis 100 Quadratmetern mit Baujahr 1961 bis 1971 derzeit am günstigsten. Kleine Wohnflächen in Neubauten (20 bis 25 Quadratmeter, errichtet ab 1998) schlagen im Durchschnitt mit 9,90 Euro am kräftigsten zu Buche. Eine Differenzierung nach Stadtteilen nimmt der Mietspiegel nicht vor.Erleichterung nach viermonatiger Suche

Inzwischen hat Ruth Clemens doch noch eine Lösung gefunden. "Ich konnte es kaum glauben, als ich nach fast viermonatiger Suche endlich von der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft Trier einen positiven Bescheid bekam", freut sich die 52-Jährige. "Ich dachte schon, ich sitze am Ende noch auf der Straße." Die Genossenschaft verwaltet für die Stadt Trier und zwölf weitere Eigentümergemeinschaften rund 500 Wohnungen. "Mir ist ein dicker Stein vom Herzen gefallen", gesteht Ruth Clemens. "Irgendwann werde ich die Herren mal auf einen Kaffee in meine neue Wohnung einladen."

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