Sein Preisgeld geht für die Miete drauf

TRIER. Vergangenes Jahr war es Karl Marx, nun stand gar Kaiser Konstantin Pate für den Trierer Master Slam der Comedians. Den Part eines Laudators übernahm Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink. Verdient gewonnen hat der Berliner Sebastian Krämer mit ironischer Liebeslyrik und heißen Hip-Hop-Beats.

 Verdienter Sieger des Master Slams: Sebastian Krämer, der auch schon zweimal den "German International Comedy Slam" gewann und bereits im Oktober 2005 in Trier überzeugte. Foto: Melanie Wollscheid

Verdienter Sieger des Master Slams: Sebastian Krämer, der auch schon zweimal den "German International Comedy Slam" gewann und bereits im Oktober 2005 in Trier überzeugte. Foto: Melanie Wollscheid

Kuschelig war es in der eher pragmatisch als bequem bestuhlten BBS-Aula: auf Bierzeltbänken rückten die 500 Besucher eng zusammen. Aber so etwas konnte hartgesottene Slam-Fans nicht schocken. Schließlich ging es um die hohe Kunst der Comedy und nicht um den Komfort für das Sitzfleisch. Das Line-Up dieses Abends war ausschließlich männlich. Aus den ursprünglich zehn Angekündigten blieben jedoch nur sieben übrig. Drei der Teilnehmer hatten absagen müssen. Der mit seinem Sieg vor vier Wochen noch frischeste Master of Comedy Slam machte den Anfang: Jess Reigig aus Köln griff zur Klampfe und bewies humoriges Liedermachertalent, wenn er über feucht-fröhliche Kneipenabende oder das Klo-Konversionsprojekt Zeitungspapier sinnierte ("Gäste kriegen den Spiegel, der ist so weich").Mediengeschädigt und fußballlastig

Mediengeschädigt und passend zum WM-Jahr fußballlastig trat Falk Dietrich auf. Spätfolgen der Werbespotflut äußerten sich in Träumen von Badefreuden mit Oliver Bierhoff oder barbarischen Saufgelagen mit MV, dessen Frau er als "geschminkte, getrocknete Handtasche" sieht. Schade, dass er seine fein gestrickten Texte aus der Kladde ablas. Mit Heimvorteil trat Björn Birkenhauer auf die Bühne und gab in beachtlichem Rollenwechsel den "Fliegenden Holländer light": ohne Gesang, zehn Minuten statt vier Stunden und ohne Programmheft. Sebastian Krämer spann abstruse Geschichten über bei Ebay ersteigerte Atombomben oder über zum Soundcheck missbrauchte Parkplatzuhren. Über offene Beziehungen und die Generation Praktikum ("Was hat das arme Mädchen Monica da im weißen Haus gemacht? War sie nicht auch Praktikantin?") sang Marc-Uwe Kling. Der Hamburger Heino Trusheim erinnerte sich treffend detailverliebt an den Frankreich-Familientrip 1982. Die Tücken des Kreisverkehrs offenbarten sich am Arc de Triomphe: "Die komplette EU wurde auf den innersten Ring verbannt." Dem Jahrtausende alten Geschlechterkampf widmete sich Kurt Knabenschuh am Beispiel vom sprachlich knapp kalkulierenden Cäsar, der sogar im Todeskampf nur fünf Worte brauchte. Nach zwei Vorrunden standen die vier Finalisten fest: der Hamburger Heino Trusheim, Sebastian Krämer, Lokalmatador Björn Birkenhauer und Falk Dietrich. Eindeutiger konnte das Endergebnis kaum ausfallen: mit 62 Prozent der Stimmen siegte Sebastian Krämer, der Mann, dessen Krawattenknoten von Kreativität zeugte. Noch überzeugender jedoch waren sein Hip-Hop-Freestyle frei nach "MC Rilke" und sein Liebeslied an die Pizza Magherita. Die Verwendung des Preisgeldes sieht der 30-jährige sehr pragmatisch: "Das wird wohl für die Miete draufgehen." Introvertiert und schüchtern wirkt der Privatmensch Krämer, sobald er die Bühne verlassen hat. Comedy sei schon lange Bestandteil seines Lebens: "In der Schule musste man den anderen doch wenigstens einen Grund liefern, wenn sie einen schon verprügeln", scherzte Sebastian Krämer mit einer gehörigen Portion Sarkasmus gewürzt.

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