Tobias und Martin auf der Walz

Schweich · Drei Jahre und einen Tag gehen Tobias Schanzenbach und Martin Eberle auf Wanderschaft. Der TV hat die traditionsbewussten Zimmermannsgesellen in Schweich getroffen, einer Zwischenstation auf ihrem Weg nach Düsseldorf.

 Die Zimmermannsgesellen Martin Eberle und Tobias Schanzenbach (von links) auf Durchreise in Schweich. TV-Foto: Albert Follmann

Die Zimmermannsgesellen Martin Eberle und Tobias Schanzenbach (von links) auf Durchreise in Schweich. TV-Foto: Albert Follmann

Schweich. Nein, Schornsteinfeger sind es nicht, die da an der Pforte des Schweicher Rathauses nach dem Bürgermeisterbüro fragen. Auch wenn sie in ihrer schwarzen Kluft auf den ersten Blick so aussehen, aber Hüte und Wanderstöcke verraten dann doch ihre wahre Profession: Es sind Zimmermannsgesellen "auf der Walz". Und ihre Frage nach dem Bürgermeister, in diesem Fall ist es Christiane Horsch, also eine Bürgermeisterin, hat den Hintergrund, dass die jungen Wandersleute einen amtlichen Stempelaufdruck für ihr Wanderbuch erbitten. Als Nachweis, dass man in der Moselstadt Schweich war, und damit man später die Reiseroute nachvollziehen könne, sagt Tobias Schanzenbach (22). Er stammt aus der Nähe von Heidelberg.
150 Städte bereist


Nach seiner Ausbildung zum Zimmermann hat sich Freiheitsbruder Tobias, wie er sich nennt, der alten Handwerkertradition des Auf-die-Walz-Gehens verschrieben. Seit zwei Jahren ist er bereits unterwegs, hat zu Fuß und per Anhalter halb Europa durchkreuzt, schätzungsweise 150 Städte gesehen und hier und da bei einem Zimmermann gearbeitet. Für Kost, Logis und ein kleines Reisegeld, wie Tobias sagt.
Seit vier Wochen zieht er mit dem aus der Schweiz stammenden "Vogtburschen" Martin Eberle (24) gemeinsam durch die Lande. Den hat es nach seiner dreijährigen Lehre und vier Jahren Tätigkeit als Geselle auf die Straße verschlagen. Die beiden haben sich in Düsseldorf kennengelernt, wo jetzt auch wieder ihr Weg hinführt. Doch zunächst geht es die Mosel abwärts bis nach Koblenz. "Wir haben die Zusage, in zwei Wochen bei einem Zimmermann in Düsseldorf arbeiten zu können", sagt Tobias Schanzenbach.
Klar, die Wanderschaft machte einen reich an Berufs- und Lebenserfahrung, sagt Tobias, aber noch mal würde er sich wahrscheinlich nicht mehr zur Walz aufmachen. Die drei Jahre seien schön, aber auch voller Entbehrungen: So dürfen die Gesellen nicht näher als 50 Kilometer an ihren Heimatort herankommen, starten mit fünf Euro in der Tasche und führen kein Handy mit sich. Wenn ihr karger Lohn aufgebraucht ist, leben sie von hilfsbereiten Mitmenschen: "Hier gibt es mal einen Wurstzipfel vom Metzger, dort was vom Bäcker, die Leute sind sehr hilfsbereit", sagt Tobias. Ein Bett zum Übernachten ist Luxus, meist wird der Schlafsack ausgerollt. Die vergangene Nacht hätten sie in einer Garage verbracht, erzählt Martin. Die Burschen müssen schon verdammt abgehärtet sein; die Kälte erwähnt er mit keinem Wort.
Übrigens: Auf ihre Tracht legen die Wandergesellen allerhöchsten Wert. Ihren "Hut der Freiheit" ziehen die stolzen Junghandwerker vor keinem Menschen, auch nicht vor einem Bürgermeister. Und ausgezogen wird er allenfalls zum Essen oder Schlafen.

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