Vornehmlich Federvieh

Wie bereits anderweitig erwähnt, ist die Umgangssprache mit Schimpfworten ergiebig ausgestattet. Hier fällt auf, dass für das weibliche Geschlecht eine größere Fülle als für das männliche zur Verfügung steht.

 Josef Marx.TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

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Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"

Die Trierer Mundart hinkt der Umgangssprache keineswegs hinterher. Wird der Ärger übermächtig, muss er, um den inneren Frieden wiederzuerlangen, abgebaut werden. Das geschieht einfach über die Verwendung von Schimpfwörtern. Aus dem großen Reservoir ist für jede Lebenslage das entsprechende Pendant zu finden. Betrachtet man die Schimpfwörter genauer, fällt die Anleihe bei den Tieren auf. Hierbei schießt der Vogel den Vogel ab. Das Federvieh steht für Frauen üppig parat. Domm Gans und Haolgans (dumme Frau), Zobbenhun sowie dusselisch Hun (einfältige Frau), Schnuudelhun (unordentliche Frau), gäggisch Hun (närrische Frau), Spinaodwachdel (ausgeflippte Frau), Naochdseil (Nachtschwärmerin), Haoreil (Frau mit ungepflegtem Haar), Schlaajereil ( Frau mit Brille bzw. mit Schleier am Hut), aal Glugg ( eingebildete Frau), gäggisch Bibb (überdrehte Frau), Kaondelschwalf (leichtes Mädchen), Bordstaanschwalf (Dirne), domm Hinkel (einfältiges Mädchen), Atzelschi (lebhaftes Mädchen), Vurelscheisch (seltsam gekleidete Frau, meist mit Hut).
Bei Männern nimmt das Federvieh einen vergleichbaren kleineren Raum ein. Kumije Kauz (seltsamer Mann), Streithaon (streitsüchtiger Mann), Plaagvurel (Mann, der sich alles borgt), Kabänes (Prachtexemplar von Mann), rude Kapaun (rothaariger Mann), spötze Vurel (sexuell auffälliger Mann).
Das Federvieh wird die nicht immer freundlichen Anleihen verschmerzen. Frau und Mann müssen damit leben.
Josef Marx ist Autor des Trierer Wörterbuchs, das im Trier-Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich ist. Gemeinsam mit Horst Schmitt hat er über 10 000 Stichwörter in Hochdeutsch-Trierisch und Trierisch-Hochdeutsch zusammengetragen sowie die Kolumnensammlung "Milljune Leit - mindestens drei", die im Weyand-Verlag erschienen ist. Die beiden Autoren erläutern in unserer Kolumne "Trierisch balaawern" wöchentlich Besonderheiten der Trierer Mundart.

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