Wenn Defizite das ganze Leben bestimmen

Schweich · Das Thema Demenz interessiert, berührt und geht viele Menschen an. So sind mehr als 80 Zuhörer nach Schweich gekommen, um zu erleben, wie der Trie rer Theaterschauspieler Klaus Michael Nix aus dem Buch von Arno Geiger "Der alte König in seinem Exil" gelesen hat.

 Klaus Michael Nix (rechts) nimmt das Publikum mit seinem Vortrag gefangen.TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Klaus Michael Nix (rechts) nimmt das Publikum mit seinem Vortrag gefangen.TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Schweich. Mit der gemeinsam mit dem Pflegestützpunkt der Verbandsgemeinde Schweich und der Katholischen Erwachsenenbildung initiierten Vorlesung wollten die Gastgeber, Cordula und Thomas Brausch (Die Buchhändler), allen, die mit Demenz im Familien- und Freundeskreis zu tun haben, "Mut machen". Mut, sich mit Liebe, Zuneigung und Freundlichkeit einzulassen auf "die andere Welt des Kranken, der den Weg über die Brücke in die Gegenwart nicht mehr gehen kann".
Arno Geiger hat ein bewegendes Buch über die Krankheit seines Vaters geschrieben, dem durch Demenz langsam alle Erinnerung abhanden gekommen ist und dessen Welt sich auflöste. "Es ist, als würde ich meinem Vater beim Verbluten zusehen", liest der Schauspieler Klaus Michael Nix aus dem Buch vor. "Das Leben sickert Tropfen für Tropfen aus ihm heraus." Wenn es dunkel werde, komme die Angst. Dann sei der Vater wie "der alte König im Exil". "Wir dachten, Vaters Defizite kämen vom Nichtstun nach seiner Pensionierung. Dabei war es genau umgekehrt. Das Nichtstun kam von seinen Defiziten."
Geiger beschreibt auf sensible, taktvolle Weise, wie hilflos die Familie auf die ersten Anzeichen der Krankheit reagiert. "Erst die Einsicht in den wahren Sachverhalt, dass der Vater an Demenz erkrankt war, tröstete uns schließlich, weil der Vater in ständigem Misstrauen gegen die plausiblen Erklärungen der Familie lebte".
So wolle er immer nach Hause, obwohl er zu Hause sei. Als seine Kinder ihm Straßenschild und Hausnummer zeigten, entgegnete er: "Seht Ihr, wie dreist die Leute sind. Die haben doch glatt meine Hausnummer abmontiert und hier angeschraubt."
Das Buch ist mal traurig und mal zum Schmunzeln, aber immer offen und ehrlich. Viele Zuhörer an diesem Abend nicken mit dem Kopf, verstehen, was Arno Geiger meint, auch wenn er schreibt, dass der tägliche Umgang mit dem Vater "uns als Familie nicht mehr nur psychisch erschöpft zurücklässt, sondern auch inspiriert. Die Krankheit machte etwas aus uns allen."
Christa Theis vom Pflegestützpunkt in Schweich und Gerhild Sihr von Atempause, dem ehrenamtlichen Caritas-Helferkreis zur Betreuung von Demenzkranken, stellten zum Abschluss der Lesung ihre Angebote zur Entlastung pflegender Angehöriger vor.
Die Veranstaltung wurde von Isaak Solomon am Akkordeon begleitet. sbn
Extra

Beratung und Hilfe rund um das Thema Pflege bietet in Schweich der Pflegestützpunkt Trier-Saarburg an. Ansprechpartner sind Christa Theis und Rainer Katzenbächer, Zum Schwimmbad 2, Schweich. Sie sind unter Telefon 06502/9978601 zu erreichen. Informationen gibt es auch im Internet unter www.psp-trier-saarburg.deGerhild Sihr ist die Ansprechpartnerin bei Atempause, dem ehrenamtlichen Helferkreis zur Betreuung von Demenzkranken beim Caritasverband Trier. Sie ist telefonisch unter der Nummer 06502/9357-13, Zum Schwimmbad, Schweich, oder per E-Mail an die Adresse sihr.gerhild@caritas-region-trier.de zu erreichen.sbn

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