Depression ist mehr als eine emotionale Krise

Gerolstein · Betroffene, Angehörige und Interessierte haben sich im St. Elisabeth Krankenhaus Gerolstein an zahlreichen Infoständen und in offenen Gesprächskreisen beraten lassen. Referate, Workshops und Fortbildungsangebote für Ärzte vervollständigten das Angebot am Europäischen Depressionstag 2011.

Gerolstein. Die Depression ist Volkskrankheit Nummer eins. Zahlen der Technischen Krankenkasse (TK) aus dem Jahre 2007 belegen, dass bei den 2,6 Millionen versicherten Arbeitnehmern der TK rund 1,3 Millionen Fehltage Depressionen zuzuschreiben sind.
Unter der Schirmherrschaft von Malu Dreyer, Ministerin für Soziales, Arbeit und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz wurden im St. Elisabeth Krankenhaus die Gründe für depressive Erkrankungen und ihre Heilungschancen von vielen Seiten beleuchtet. Einer der Schwerpunkte des Tages waren dabei das Referat und die anschließende Diskussionsrunde, in der es um Depression am Arbeitsplatz ging.
Seit den neunziger Jahren steigt die Zahl der Erkrankungen und Frühverrentungen stetig an - betroffen sind Menschen in allen Berufen. An der Spitze stehen jedoch Dienstleistungsberufe - vor allem im Gesundheitswesen. Überproportional betroffen sind auch Angestellte im öffentlichen Dienst, Banken und Versicherungen.
"Hoher Arbeitsdruck, viel Leistung bei wenig Belohnung - das sind Faktoren, die depressiv machen können", sagt Eva Wiebe, psychologische Psychotherapeutin am St. Elisabeth Krankenhaus. Dabei seien die subjektiven Betrachtungen das Problem. "Nicht jede depressive Stimmung bedeutet eine Erkrankung", sagt Wiebe. "Dazu kommt, dass es viele verschiedene Arten von Depressionen gibt. Erst ein bestimmtes Muster an Symptomen ermöglicht die Diagnose." Die Depression ist nicht nur eine emotionale Störung, sie äußert sich auch körperlich und im veränderten Verhalten des Patienten.
Kein Röntgenbild vorhanden


Eine Diagnose bleibt schwierig", sagt Eva Wiebe: "Was kaputtgegangen ist, können wir auf keinem Röntgenbild erkennen." Die Frage, ob Arbeit heutzutage krank macht, die Depression sozusagen ein Arbeitsunfall ist, lässt sich nicht allgemein mit einem Ja beantworten. "Dabei spielt die jeweils eigene Wahrnehmung des Arbeitsumfeldes eine große Rolle. Stress ist ein hochindividuelles und subjektives Empfinden", sagt die Psychotherapeutin.
Staatliche und private Arbeitgeber reagieren mit Präventionsmaßnahmen auf die steigende Zahl der Erkrankungen und suchen Wege, die Unternehmenskultur zu verbessern. Vielerorts wird die Arbeitsintensivität verringert, Vorgesetzte geschult und auf ein stetiges Feedback in den Firmen gesetzt. "Doch so einfach ist das nicht", sagt eine Betroffene, die in einem Altenheim arbeitet. "Wenn sie das vorgelegte Pensum nicht schaffen, werden sie entlassen." now

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