Neue Ingenieure braucht das Land

Trier/Winterspelt · Die Wirtschaft braucht guten Nachwuchs. Das gilt im besonderen Maße für Ingenieure, denn immer noch ist das Studium bei vielen jungen Menschen nicht besonders beliebt. Der Präsident der Ingenieur-Kammer Rheinland-Pfalz, Horst Lenz aus Winterspelt (Eifelkreis Bitburg-Prüm), tritt im TV-Gespräch vehement für seinen Berufsstand ein.

Horst Lenz, Präsident der Ingenieur-Kammer Rheinland-Pfalz fordert höhere Investitionen in die Bildung. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

Horst Lenz, Präsident der Ingenieur-Kammer Rheinland-Pfalz fordert höhere Investitionen in die Bildung. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

Trier/Winterspelt. Der promovierte Ingenieur Horst Lenz schlägt Alarm: Nach seiner Ansicht fehlen in Deutschland rund 50 000 Ingenieure.
Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) suchen die sogenannten MINT-Berufe sogar bundesweit knapp 210 000 Mathematiker, Informatiker, Naturwissenschaftler und Techniker. Auch in der Region brauchen viele Büros dringend Verstärkung. Denn zudem würden als regionale Besonderheit viele Kräfte von luxemburgischen Unternehmen abgeworben. "Wir müssen etwas für das Image der Ingenieure in unserer Gesellschaft tun", fordert deshalb der Ingenieur aus Winterspelt. "Wir sind nicht nur die Rechenknechte, denn ohne Ingenieure geht so gut wie nichts", findet er. Und seiner Ansicht nach könnte die Politik viel erreichen. "Derzeit versuchen wir ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland zu locken. Es wäre viel effektiver, wenn wir ausländische Abiturienten anwerben", sagt Lenz. Bei der hohen Jugendarbeitslosigkeit in den EU-Ländern könnte dies für Bewerber und Betriebe vorteilhaft sein. "Die Jugendlichen würden eine gute Ausbildung erhalten, Land, Menschen und Sprache kennenlernen." Dabei sei es aber auch wichtig, dass sie nach einem Ingenieurstudium auch die Gelegenheit bekämen, weiter in Deutschland zu arbeiten. "Derzeit bilden wir viele gute Nachwuchskräfte aus und werfen sie danach aus dem Land", so Lenz. Diese Rekrutierungsmaßnahme mache aber nur Sinn, wenn man auch mehr in die Bildung investiere. Auch für einen zweiten Weg zum Ingenieurstudium ohne Abitur ist Horst Lenz offen. "Wenn ein Geselle oder Meister studieren möchte, sollte man ihm die Möglichkeit geben, sich in Vorbereitungskursen gerade in Mathe für die Anforderungen zu qualifizieren." Danach stehe einem Bachelor-Studiengang auch nichts im Wege.
Ein klare Absage erteilt die Ingenieur-Kammer der im rheinland-pfälzischen Hochschulgesetz im Paragraf 35 geplanten Durchlässigkeit. Demnach könne ein Techniker, ein Meister oder Geselle einen Masterabschluss erreichen - ohne Abitur oder den Weg durch das Bachelor-Studium. "Aus unserer Sicht ist das Etikettenschwindel, denn das bedeutet, dass man mit Hauptschulabschluss und einer Ausbildung im handwerklichen Bereich innerhalb von zwei Jahren den Abschluss Master of Engineering erworben kann", empört sich Horst Lenz.
Wichtige Imagewerbung


Bei der Nachwuchswerbung setzt die Kammer verstärkt auf Schülerwettbewerbe. Seit 2007 hat die Kammer in fünf Wettbewerben Schüler animiert, ein Modell zu basteln. "Der Bau einer Brücke, eines Wasserturms, eines Stadiondaches, einer Skisprungschanze und in diesem Jahr eines Wasserrades standen dabei auf dem Programm", sagt Horst Lenz. Insgesamt hätten bisher 1472 Schülerinnen und Schüler aus Rheinland-Pfalz mit 459 Modellen beim Schülerwettbewerb mitgemacht. "Das ist für uns ein schöner Erfolg, denn es geht uns zunächst darum, Interesse an Technik zu wecken", so der Präsident. Aus seiner Sicht sei es wichtig, dass auch Mädchen sich für die Ingenieur-Ausbildung begeistern. Mit Wettbewerben und Veranstaltungen, speziellen Vorträgen und Berufskennenlerntagen versuchen die Verantwortlichen, junge Frauen für ein Ingenieur-Studium zu interessieren.
Für die 2300 Ingenieure, die in der Kammer organisiert sind, ist die Nachwuchsförderung eine besondere Aufgabe, wie Horst Lenz meint.

Extra

Horst Lenz, 1957 in Winterspelt (VG Prüm) geboren, machte 1986 seinen Abschluss an der TH Aachen. Nach vier Jahren als Assistent an der TH Aachen entschied er sich 1991 mit einem Ingenieur-Büro in Winterspelt selbstständig zu machen. 2002 hat Lenz promoviert (Projektsteuerung und Wasserbau). In der Ingenieur-Kammer ist er seit 1995 tätig. Von 2004 an ist er im Kammervorstand, 2007 wurde er Vize-Präsident und seit 2010 ist er Präsident. hwExtra

Fast unbegrenzte Berufsmöglichkeiten bietet ein Ingenieursstudim: Mehr als 1000 Studiengänge an über 200 Hochschulen in Deutschland stehen den jungen Menschen zur Auswahl. Einen guten Überblick über die Hochschulen in Rheinland-Pfalz und die Studiengänge bietet die Ingenieur-Kammer auf der Internetseite ( www.ing-rlp.de/index.php?id=52). Die Angebote reichen dabei vom allgemeinen Maschinenbau bis hin zum Wirtschaftsingenieurwesen/Umwelttechnik. Die neun rheinland-pfälzischen Hochschulen bieten 153 unterschiedliche Studiengänge zum Ingenieur an. Infos zu den Studienorten, -fächern und -voraussetzungen bietet die Seite www.Ingenieurwesen-studieren.de. 115 800 Studierende haben laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2011 ein Studium der Ingenieurwissenschaften aufgenommen. Das ist ein Zuwachs von 24 Prozent, der allerdings auch zum Großteil Faktoren wie den doppelten Abiturjahrgängen sowie den zahlreichen Berichten zum Ingenieurmangel geschuldet ist. red

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