Streit um Mitbestimmung bei H&M-Filiale Trier
Trier · Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi attackiert die Modekette Hennes & Mauritz (H&M) in Trier. Das Unternehmen behindere die Betriebsratsarbeit. Mit der fristlosen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden habe H&M das Gremium unter Druck gesetzt. H&M möchte sich "zu einem laufenden Verfahren auch aus Schutz für den Mitarbeiter nicht äußern", sagt H&M-Pressesprecherin Swetlana Ernst unserer Zeitung.
Verdi fährt schwere Geschütze gegen den schwedischen Modekonzern H&M auf. In Trier hat das Unternehmen den Betriebsratsvorsitzenden Damiano Quinto fristlos gekündigt. Seit der Eröffnung der H&M-Filiale 1999 in Trier gehört Damiano Quinto zum Stammpersonal der Modekette. 2004 gründete der junge Mann den Betriebsrat mit und ist seit Jahren Betriebsratsvorsitzender. Nun möchte H&M den Mitarbeiter loswerden und hat ihm im Dezember eine fristlose Kündigung ausgehändigt. Der Betriebsrat aber hat der Kündigung widersprochen.
Besonderer Schutz
Denn so einfach können Betriebsratsmitglieder in Deutschland nicht gekündigt werden. Eine ordentliche Kündigung ist nur wirksam, wenn dieser der Betriebsrat zustimmt oder, wenn die Zustimmung verweigert wird, ein Arbeitsgericht auf Antrag eine sogenannte Zustimmungsersetzung ausspricht. Am 18. Juni ist beim Arbeitsgericht Trier dafür ein Verhandlungstag angesetzt. Doch das Unternehmen hat inzwischen den Mitarbeiter zum zweiten (Februar) und zum dritten Mal fristlos gekündigt. "Das ist eine absolute Frechheit", sagt Verdi-Sekretär Jürgen Rinke-Oster.
Kein Einzelfall: Immer wieder streiten Verdi und H&M über Betriebsratsarbeit und Mitbestimmungsrechte. Vor allem ärgern den Gewerkschafter die angeführten Beweggründe in dem Kündigungsschreiben. Unter anderem gehe es um die Tätigkeit von Quinto in Einigungsstellen des Konzerns. Von den 408 H&M-Filialen in Deutschland haben laut Verdi nur etwa 120 einen Betriebsrat.
Immer wieder Konflikte
Bei Auseinandersetzungen zwischen Arbeitnehmervertretung und Arbeitgeber kommt es immer wieder zu Konflikten, die über eine solche Einigungsstelle geklärt werden. Für die Arbeitnehmer habe Quinto, der auch Mitglied im Gesamtbetriebsrat ist, an Einigungsstellenverfahren teilgenommen. "Nun stehen wohl Damiano Quintos Argumente der Unternehmensleitung im Weg", regt sich Rinke-Oster auf. "Es heißt in der Kündigungsbegründung, der Betriebsrat Quinto habe als Beisitzer der Einigungsstelle ,nicht die wirtschaftlichen Interessen der Firma H&M vertreten\'", so der Gewerkschaftssekretär.
Bei den übrigen Betriebsratsmitgliedern stößt die Kündigung auf Unverständnis. "Anscheinend geht es darum, hier den ganzen Betriebsrat zu verunsichern", sagt ein Mitglied. Schon in der Vergangenheit fühlten sich die Mitglieder oft unter Druck gesetzt. Bei einer Betriebsratswahl habe das Unternehmen die Zeiten, die der Wahlvorstand für die Vorbereitung der Betriebsratswahl einbrachte, nicht anrechnen wollen. "Der Lohn wurde einfach einbehalten, und erst, als ein Arbeitsgericht dies beanstandete, bekamen die Leute ihr Geld", so Rinke-Oster.
Bei einer anderen Wahl habe die Geschäftsführung für die Wahl nötige Unterlagen nicht bereitgestellt. Die Arbeitnehmer stellten einen Strafantrag gegen den damaligen Filialleiter, den sie, nachdem die Wahl ordnungsgemäß angelaufen sei, zurückgezogen hätten. "Es ist wichtig, dass Mitarbeiter sich nicht alles gefallen lassen und für ihre Rechte kämpfen", sagt auch der DGB-Chef für die Region, Christian Z. Schmitz. Der DGB will Verdi und die Betriebsräte bei ihrem Kampf unterstützen. "Wir werden uns in der Region für Mitarbeiterrechte und Menschenrechte einsetzen", sagte Schmitz. Auch Verdi kämpft für den Trierer Betriebsratsvorsitzenden.
Mit einer Unterschriftenaktion bei Betriebsräten, Gewerkschaftsmitgliedern und H&M-Kunden möchte Verdi gegen die Unternehmensentscheidungen vorgehen. "Wir rechnen mit 5000 Unterschriften", so Rinke-Oster. Zudem plant Verdi Mahnwachen oder Infostände vor der Trierer H&M-Filiale.
Keine Bewertung des Verfahrens
H&M möchte sich zu dem laufenden Verfahren in Trier nicht äußern. "Das tun wir auch, um Mitarbeiter zu schützen. Zudem haben wir bereits früh der Gewerkschaft Verdi ausführlich geantwortet und unsere Sichtweise dargestellt", sagt H&M-Pressesprecherin Swetlana Ernst dem TV. H&M gehöre zu den Konzernen in der Branche, die tarifgebunden seien, "gegen den allgemeinen Trend". Und die Entscheidung, einen Betriebsrat zu gründen, würden die Mitarbeiter treffen.