Abwehr-Novize lehrt Stars das Fürchten

Nürnberg/Wadern · Kennen Sie Philipp Wollscheid? Womöglich noch nicht. Aber fragen Sie mal die Stürmer-Stars Ruud van Nistelrooy, Theofanis Gekas oder Raúl: Sie alle haben zuletzt leidvolle Bekanntschaft mit dem Senkrechtstarter aus dem Hochwald gemacht, der beim 1. FC Nürnberg für Furore sorgt.

"Darüber mache ich mir keine Gedanken." Diesen Satz benutzt Philipp Wollscheid häufig. Zum Beispiel bei Fragen nach seinem rasanten Aufstieg oder nach seiner Zukunft. Der 1,94-Meter-Schlaks aus Morscholz (Stadtteil der zwischen Trier und Saarbrücken liegenden Stadt Wadern) ist der Emporkömmling bei Fußball-Bundesligist 1. FC Nürnberg.

Am 20. November 2010 gab der 21-jährige Innenverteidiger sein Debüt in der ersten Liga. Beim Stand von 0:3 wurde er im Heimspiel gegen Kaiserslautern kurz vor der Halbzeit eingewechselt, am Ende hieß es 1:3. "Die Umstände waren damals unglücklich, dennoch bleibt mir die Partie positiv in Erinnerung", sagt Wollscheid.

In den vergangenen acht Bundesliga-Spielen des FCN stand der Abwehrhüne immer in der Startelf. Woche für Woche ruft er starke Leistungen ab. Jüngst schaffte er es in die Elf des Tages der Bild-Zeitung. Zuvor war er im Fachmagazin kicker schon Spieler der Partie gegen Frankfurt. "Darüber mache ich mir keine Gedanken", sagt Wollscheid, der sich die Berichte nicht ausschneidet. "Ich denke aber, dass meine Eltern oder meine Oma in Morscholz das für mich machen."

Positive Schlagzeilen nimmt der Saarländer wahr, er will sich darauf aber nichts einbilden. "Ich versuche, mich nur auf das zu konzentrieren, was der Trainer mir mit auf den Weg gibt." Sein Coach ist Dieter Hecking. Der hat bei Wollscheid vor einem Jahr Parallelen zum "jungen Per Mertesacker" ausgemacht.

Keine Perspektive beim 1. FC Saarbrücken



Im Sommer 2009 war der Karrieresprung des Morscholzers in die erste Liga nicht absehbar. Wollscheid stand beim Oberligisten 1. FC Saarbrücken unter Vertrag, häufig kam er nur als Einwechselspieler zum Zug. "Saarbrücken stieg damals auf. Am Saisonende hieß es, man plane mit mir nicht für die Regionalliga, sondern nur für die zweite Mannschaft."

Das war für Wollscheid keine Perspektive. Sein Berater Guido Nickolay organisierte ein Probetraining beim 1. FC Nürnberg II. In Franken wurde das Talent für gut befunden. In der Regionalliga Süd machte Wollscheid auf sich aufmerksam. Im Januar 2010 stieß er fest zum Bundesliga-Kader. Trainieren bei den Profis, spielen in der Regionalliga — so sah sein Rhythmus im vergangenen Jahr aus.

Und jetzt? Glaubt der 21-Jährige, der 2008 in Wadern sein Abitur machte, sich in der Bundesliga etabliert zu haben? "Darüber mache ich mir keine Gedanken. Ich kann nur durch Leistung überzeugen. Entscheidungen trifft der Trainer."

Beobachter loben Wollscheids Stellungsspiel, Antizipationsvermögen und Cleverness. Und das, obwohl er im Grunde noch Abwehr-Novize ist: "Ich habe lange bei kleinen Vereinen gespielt. Beim SV Morscholz, bei der SG Noswendel/Wadern, bei Rot-Weiß Hasborn. Da war ich meist offensiver oder defensiver Mittelfeldspieler. Beim 1. FC Saarbrücken habe ich zum ersten Mal überhaupt in einer Viererkette gespielt. Ich musste erst lernen, wie man sich in diesem Gefüge verhält."

Entspannen mit Kumpels in Trier



Der ehemalige U-20-Nationalspieler versucht, alle zwei, drei Wochen zu Hause im Hochwald vorbeizuschauen. Dann macht er auch gerne Abstecher ins lediglich 40 Kilometer entfernte Trier: "Viele meiner Kumpels studieren dort. Vor allem im Sommer gehen wir öfters zusammen aus."

In der Rückrunden-Tabelle ist der 1. FC Nürnberg hinter Borussia Dortmund zweitbestes Team. Am Samstag treffen die Franken auf St. Pauli. Sind Träume von der Qualifikation für die Europa League erlaubt? Für Wollscheid ist das (noch) kein Thema: "Darüber mache ich mir keine Gedanken."

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