Der Stadtrat will Daten und Fakten sehen

Trier · Die letzte Phase der Ausarbeitung des Schulentwicklungskonzepts könnte sich zu einem wahren Polit-Krimi entwickeln. Wenige Wochen vor der Entscheidung über die Zukunft der Trierer Schulen gibt es kaum klare Positionen und um so mehr offene Fragen.

Zumindest in einem Punkt herrscht dabei Einigkeit: Der Ball liegt im Moment im Feld der Verwaltung. Schuldezernentin Angelika Birk müsse möglichst schnell einen Gesamt-Entwurf als Grundlage für die weitere Beratung vorlegen - da sind CDU, SPD und auch die Schulaufsicht bei der ADD einer Meinung.

Birk tut sich damit offensichtlich schwer. Ihr ambitionierter Zeitplan bis November ist schon lange Makulatur, der angestrebte Dezember-Termin wohl auch. OB Jensen hat durchblicken lassen, dass vor Anfang Dezember keine Stadtvorstands-Vorlage zu erwarten ist - kaum denkbar, dass das Verfahren dann vor der Weihnachtspause abgeschlossen werden könnte. Anfragen zum Zeitplan beantwortet die Dezernentin derzeit nicht.

Die Mehrheitsverhältnisse im Rat sind so unübersichtlich wie selten. Vergleichsweise klar ist nur, dass FWG und Linke grundsätzlich gegen Schulschließungen sind - und damit komplett konträr zur Linie des Schulentwicklungskonzepts, das notwendige Ausweitungen durch Zusammenlegungen und Schließungen kompensieren will.

Die CDU ist ein weiteres Mal durch die Stadtteile getingelt, wo erwartungsgemäß wenig Zustimmung für das Konzept Krämer-Mandeau festzustellen war. Gleichwohl gebe es "keine abschließende Stellungnahme", sagt Fraktionschef Ulrich Dempfle, und die sei auch nicht zu erwarten, "so lange das Dezernat keine klare Kostenrechnung erstellt". Man habe keine verlässlichen Daten und Fakten vorliegen, ob der Verzicht auf einzelne Standorte unterm Strich tatsächlich Einsparungen bringe. Aufs Geratewohl werden die Christdemokraten den schmerzhaften Weg des Krämer-Mandeau-Konzeptes schwerlich mitgehen.
"So geht es nicht weiter"


Dempfles SPD-Kollege Sven Teuber betont gleichfalls, seine Fraktion habe sich noch keine abschließende Meinung gebildet. Dennoch ist bei den Sozialdemokraten ein gewisser Wille erkennbar, auch unpopuläre Entscheidungen mitzutragen. Vielleicht auch deshalb, weil Oberbürgermeister Klaus Jensen keine Gelegenheit auslässt, darauf hinzuweisen, dass es "keinesfalls weitergeht wie bisher". Der OB hat den Haushalt vor Augen, bei dem er in den nächsten Jahren etliche Schul-Investitionen unterbringen muss. Kaum realisierbar, wenn dem nicht nennenswerte Einsparungen gegenüberstehen.

Die FDP hat frühzeitig signalisiert, dass sie sich "Schulschließungen nicht verweigert, wenn sie sinnvoll begründet sind", wie es Ratsmitglied Tobias Schneider formuliert. Allerdings liegt für den FDP-Parteitag Anfang November ein Antrag auf dem Tisch, der eine solche Zustimmung an detaillierte Folgekostenberechnungen knüpft, die konkrete Einsparungen nachweisen.
Grüne Vorschläge ignoriert


Offen auch die Position der Grünen: Sie haben als Einzige ein eigenes Konzept vorgelegt, das mit einer weitreichenden Standort-Rotation teilweise noch über Krämer-Mandeau hinausging. Aber ernsthaft darüber diskutiert hat bislang niemand - auch nicht die grüne Dezernentin.

Ein Kandidat für den Schwarzen Peter hat sich einstweilen verabschiedet: Die ADD, ohne deren Zustimmung nichts geht, hat signalisiert, dass sie nicht vorhat, sich die Rolle des Bremsers andrehen zu lassen. Man sei bereit, ließ Schul-Abteilungsleiter Klaus-Günter Süssmann bei einer Veranstaltung wissen, konstruktiv über Veränderungen zu reden - wenn die Stadt denn mal ein konkretes Konzept vorlege.
Die öffentliche Debatte hat sich derweil festgefahren. Einerseits gibt es hartnäckigen Widerstand gegen jede Änderung aus einigen Stadtteilen, andererseits mehren sich Stimmen, die akzeptieren, dass es auch harte Schnitte geben muss - aber nur, wenn die Rahmenbedingungen geklärt sind.
Meinung

Stadtvorstand muss liefern
Wenn es weitergehen soll in Sachen Schulentwicklung, dann muss der Stadtvorstand jetzt zügig liefern. Und zwar ein klares, reflektiertes und transparent in seinen Folgekosten und Einsparungen durchgerechnetes Konzept. Eines, hinter dem nicht nur ein einzelnes Dezernat steht, sondern die komplette Stadtspitze, die immerhin vier verschiedene politische Kräfte repräsentiert. Es wird Zeit, dass jemand so mutig ist, den Kopf hinzuhalten, statt die Verantwortung für Unangenehmes immer auf andere abzuschieben. Das darf aber keine Milchmädchenrechnung sein. Den Kosten des Modells Krämer-Mandeau kann nicht der Status quo entgegengesetzt werden, sondern das, was die Trierer Schulen kosten würden, wenn notwendige Ausbau- und Renovierungsmaßnahmen und der Erhalt aller vorhandenen Einrichtungen zusammenkämen. Es sollte niemanden wundern, wenn das Ergebnis lautet: Selbst bei optimistischster Haushaltsprognose und größter Konzentration der Kräfte auf die Schulen ist die "Wir wollen alles"-Variante nicht finanzierbar. Es bleibt, allen berechtigten Einzel-Anliegen zum Trotz dabei: Trier muss sich entscheiden, ob es möglichst viele Schulen will oder möglichst gute. Das ist, zugegebenermaßen, eine lausige Alternative, aber sie zu ignorieren, wäre ein politisch pubertäres Verhalten. Bislang haben sich in der öffentlichen Debatte verständlicherweise vor allem diejenigen artikuliert, die um Besitzstände fürchten. Ob das wirklich die Mehrheit ist, ist eine andere Frage. Wie die Entscheidung letztlich ausfällt, wird maßgeblich davon abhängen, ob sich auch diejenigen zu Wort melden, die bei einem Scheitern des Schulentwicklungskonzepts für die nächsten Jahre jede Perspektive auf positive Veränderungen verlieren. d.lintz@volksfreund.de

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