KOLUMNE

Man braucht keine Kinder, um andere zu nerven, weil sie früher oder später zum Mittelpunkt jedes Gesprächs werden. Ein kleiner Tiger tut's auch. Guck doch nur mal, wie süß der ist! Guck, süß, gell?

Das ist unser kleiner Tiger. Weil der so hübsche, kleine Punkte auf seinem Bauch hat, wollten wir ihn eigentlich Leo nennen, nachdem wir Moritz, Schaschlik, Sindbad, Tsunami und Excalibur verworfen hatten. Leo wie der Leopard. Aber Leo ist ja eigentlich der Löwe, das passte dann nicht. Und außerdem ist in Leo weder ein "i" noch ein "s" drin. Darauf sollen Katzen ja besonders gut hören, habe ich im Katzenbuch gelesen. Und deshalb heißt der Kleine jetzt Louis mit "i" und "s". Das passt aus drei Gründen gut: erstens, weil er wie das Lied von Louis Armstrong ein kleines Stück heile Welt überall dahin bringt, wo er in anderer Leute Zehen beißt, zweitens, weil er dann gut zur flauschigen Elvis passt, der Katze von unseren Nachbarn. Und Elvis ist super. Und drittens, weil ich mit einem Kollegen, der gerade Zwillinge bekommen hat, gescherzt habe, dass wir uns jetzt über den Werdegang unserer Babys austauschen können. Und seine Kleinen sind am gleichen Tag aus dem Krankenhaus gekommen wie Louis aus dem Oberdorf zu uns. Das war ein glücklicher Freitag. Und - und das ist das eindeutigste Zeichen für die Richtigkeit des Namens - mein Kollege hat einen seiner Jungs auch Luis genannt. Habe ich erst nachträglich erfahren. Das ist ein Zeichen. Neulich dachten wir, er sei plötzlich depressiv geworden: stundenlang hat er vor einem Blumentopf gesessen und die Zimmerpflanze angestarrt. Ich bin kurz rausgegangen und als ich zurückkam, saß mein Freund genauso vor dem Blumentopf. Verwirrt setzte ich mich dazu und ließ mich von einem unerwarteten Spektakel fesseln: Ein großes Blatt verschwand ganz langsam in der Blumenerde. So als würde es von unten gezogen. Wir starrten zu dritt. Kurz darauf wühlte sich ein dicker schwarzer Käfer aus der Erde. "Mensch Louis. Du bist ja gar nicht depressiv", rief ich erleichtert. Er hört sogar auf seinen Namen und weiß, was "Nein" heißt. Wir erziehen ihn nämlich. Nur die Zehenattacken um sechs Uhr morgens machen ihm so viel Spaß, da hilft auch das Nein nicht. So ein Schlawiner. Und die paar Kratzer im Dekolletee... vergessen, wenn er mich mit seinem Pfötchen sachte anstupst und dabei leise schnurrt. Süß, gell? Katharina Hammermann In unserer Kolumne "Familienbande" glossieren wechselnde Autoren den familiären Alltag.

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