Netanjahu unter Druck

Israels Ministerpräsident nimmt aus Berlin die Botschaft mit nach Hause, dass die EU inklusive Deutschland und die USA in dieser Sache völlig einig sind - und dass er sich bewegen muss.

Wenn ihr von mir den Stopp des israelischen Siedlungsbaus im Palästinensergebiet fordert, dann verlange ich von euch zuerst einmal Sanktionen gegen den Iran, der uns mit Atomwaffen bedroht. Und zwar Sanktionen, die wirklich wehtun, nicht nur Ahmadinedschad, sondern auch eurer Wirtschaft. So ungefähr lautete die Taktik, mit der Israels Premier Benjamin Netanjahu gestern nach Berlin gereist war. Im Vorfeld sollen seine Emissäre sogar versucht haben, das Thema "Siedlungen" ganz auszuklammern.

Netanjahus Rechnung ging nicht auf. Angela Merkel hat es abgelehnt, zwischen beiden Themen einen Zusammenhang herzustellen. Die besondere Verantwortung Deutschlands für das Existenzrecht Israels bedeutet nicht den Verzicht auf eine eigene Außenpolitik. Merkel hat Netanjahu gesagt, dass sie zusammen mit den USA, China und Russland so lange wie möglich weiter auf das Angebot von Verhandlungen mit Teheran setzen will und schärfere Wirtschaftssanktionen erst dann prüfen wird, wenn dieser Weg aussichtslos erscheint. Erst dann kommt es zum Schwur über die Ernsthaftigkeit auch der deutschen Drohungen. Der Nahost-Friedensprozess hingegen ist ein ganz anderes Thema. Hier darf gerade Deutschland als Freund den Israelis sagen, dass ihr Siedlungsbau zurzeit das wichtigste Hindernis für die greifbar nahe Wiederaufnahme von Friedensgesprächen ist. Merkel hat diese Position gegenüber Netanjahu nicht nur im Vier-Augen-Gespräch, sondern auch öffentlich deutlich gemacht. Der Premier nimmt aus Berlin die Botschaft mit nach Hause, dass die EU inklusive Deutschland und die USA in dieser Sache völlig einig sind - und dass er sich bewegen muss.

nachrichten.red@volksfreund.de

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