Sprachliche Ausdrucksfähigkeit trainieren

Zum Artikel "Viele Schulabgänger sind für eine Lehre nicht zu gebrauchen" (TV vom 4. März):

Wenn viele Jugendliche am Ende ihrer Schulausbildung noch viel zu lernen haben, sind sie keine Schulabgänger mit mangelhafter Qualität, sondern solche mit mangelhafter Qualifizierung beziehungsweise mangelhafter Qualifikation.

Wenn viele Jugendliche für ihre Berufswahl und -ausbildung nicht ausreichend vorbereitet sind, haben verschiedene Institutionen und Erwachsene versagt.

Denn Erwachsene gestalten die Lebens- und Lernbedingungen für Kinder und Jugendliche und sind somit maßgeblich verantwortlich dafür, dass diese ihre Potenziale umfassend entfalten, Bildung und Wissen erwerben und Kompetenzen entwickeln.

Sich mit Worten richtig und gut auszudrücken, wird vor allem durch Miteinandersprechen erlernt, durch Fragen und Antworten, beim Vorlesen, Erzählen und Zuhören, durch lebhaftes Diskutieren oder gepflegte Unterhaltung. Lebenswelten und Erfahrungsgrundlagen für Kinder und Jugendliche wurden in den letzten Jahrzehnten gravierend verändert.

Kinder und Jugendliche verbringen mehrheitlich zu viel Zeit allein und schweigend vorm Fernseher, an der Spielkonsole, am Computer, im Internet. Alltägliche Situationen zum Trainieren sprachlicher Ausdrucksfähigkeiten kommen ihnen mehr und mehr abhanden, in großen Kindergartengruppen und Schulklassen kann das nicht kompensiert werden.

Die "Qualität" vieler Schulabgänger zu bemängeln, kann nicht gebilligt werden, weil junge Menschen damit auf ihre wirtschaftliche Verwertbarkeit reduziert werden. Als gestandener Journalist hat Heribert Waschbüsch im Trierischen Volksfreund angemahnt: "Jugendliche nicht im Stich lassen" und gefordert, dass Wirtschaft, Gesellschaft und Politik mit Engagement und Geld auf die bildungspolitische Misere reagieren und sich ihrer Vorbildfunktion entsprechend verhalten. Dabei hat er "Qualität" und "Qualifizierung" nicht unterschieden, "wie" und "als" verwechselt und "Probleme aufschlagen" lassen, was ebenso missfällt wie andere sprachliche Schlampereien und verdrechselte Sätze; was jedoch keinesfalls rechtfertigt, seine Forderungen nicht ernst zu nehmen oder gar ihn als Person abzuwerten.

Agnes Gräser, Trier

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