...Wladimir Putin!

Das ist ja mal eine richtig originelle Regierungsform, die Sie in Russland gerade einführen. Die Politikwissenschaftler werden sich einen neuen Begriff einfallen lassen müssen.

Man kennt die Oligarchie, wo die (Einfluss-)Reichen sich die Macht zuschieben, die Despotie mit ihrem diktatorischen Alleinherrscher, den Nepotismus, wo die Macht an Kindeskinder oder Vettern verteilt wird. Aber Sie haben ein System installiert, bei dem gewählt wird, bei dem Amtszeiten begrenzt sind, das unterschiedliche Parteien zulässt - und wo trotzdem der Herrscher am Ende immer Putin heißt. Man könnte es vielleicht Egokratie nennen. Respekt, so was muss man erst mal hinkriegen. Das kostet schon ein bisschen Arbeit, sich seine Medien so zurechtzubiegen, dass sie aus dem Kreml berichten wie dermaleinst vom Hof des Zaren. Und die paar, die sich trauen dagegenzuhalten, derart zu schikanieren und an den Rand zu drängen, dass sie kaum wahrgenommen werden. Wenn ein Journalist gar zu hartnäckig ist, findet sich notfalls schon ein Verwirrter, der ihn auf der Straße erschießt und dann nie gefunden wird - trotz intensivster Bemühungen. Unbotmäßige Querköpfe kommen erst vor Gericht und dann hinter Gitter - die passenden Richter werden\'s schon richten, und irgendein Vorwurf lässt sich immer konstruieren. Und wo alles nix hilft, wie bei den Tschetschenen, da muss so eine Rand-Republik halt mal zusammengeballert werden. Für\'s Image beim gemeinen Volk machen Sie ab und zu den dicken Max, als Tiger-Jäger, Judoka oder halbnackter Angler. Dann merkt keiner, dass Sie eigentlich nur ein kleiner altkommunistischer Geheimdienst-Apparatschik sind, der den größten Staat der Welt so führt wie früher die KGB-Dienststelle in Dresden. Und fürs Ansehen nach Außen kaufen Sie ab und zu einen abgehalfterten Staatsmann aus dem Westen ein, der Ihnen attestiert, Sie seien ein lupenreiner Demokrat. Dann fehlt nur noch ein Äffchen, das unter Ihnen den Posten des Staatspräsidenten so lange frei hält, bis Sie ihn verfassungsmäßig auch offiziell wieder besetzen können. Scheint ja problemlos zu klappen. Und, nicht zu vergessen: der allumfassende Segen der russisch-orthodoxen Kirche für Ihr Tun. Das ist übrigens die gleiche, die der Papst jüngst für ihre Prinzipientreue gelobt hat. Alles in allem: Das haben Sie sauber hingekriegt. Wenn man sich allerdings daran erinnert, wie das vor 25 Jahren angefangen hat, mit Glasnost und Perestroika, mit Demokratie und Offenheit, in einer Zeit, da Gorbatschow noch für Hoffnung stand und nicht für Wodka: Da könnte man schon Tränen in die Augen kriegen. Dieter Lintz

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