Mainz Baldauf kritisiert Landeshaushalt: „Rote Laterne bleibt rote Laterne“

Mainz · CDU-Spitzenkandidat Baldauf kritisiert fehlende Investitionen im Landeshaushalt. Die Grünen setzen sich auffällig vom Pfälzer ab.

 Greift an und sucht auch mal die Defensive: CDU-Chef Christian Baldauf.

Greift an und sucht auch mal die Defensive: CDU-Chef Christian Baldauf.

Foto: dpa/Andreas Arnold

„Gut was los morgens um halb zehn“, sagt Christian Baldauf, grinst und schaut durch den Mainzer Landtag, wo Abgeordnete der SPD laut durch den Raum rufen und über die Haushaltsrede des rheinland-pfälzischen CDU-Fraktionschefs wettern. Wo Baldauf die Pläne der rot-gelb-grünen Landesregierung hart angreift, tritt er nach einem eigenen missglückten Vorstoß zu Schulen den taktischen Rückzug an. Der Spitzenkandidat der CDU für die Landtagswahl 2021 hatte bei einer Veranstaltung im Westerwald laut darüber nachgedacht, die mehr als 1600 Schulen in Rheinland-Pfalz in die Trägerschaft des Landes zu legen, was bei Landräten und in der eigenen Partei Groll entfachte. „Natürlich ist es richtig, dass die Trägerschaft der Schulen bei den Kommunen liegt“, korrigiert Baldauf nun seine Aussage. „Aber ich habe es satt, dass fortwährende Zuständigkeitsfragen die Bildung unserer Kinder beeinträchtigen, wenn es um die Digitalisierung geht oder um flächendeckende Mindeststandards.“ Die SPD, so lästert Baldauf, könne gerne „Zuständigkeitsverweiser“ bleiben. „Wir werden ab dem kommenden Jahr Problemlöser sein.“

Geht es nach Baldauf, gibt es viele Probleme in Rheinland-Pfalz, die er lösen will. Am liebsten als Ministerpräsident.  Den Entwurf zum kommenden Haushalt nennt er „enttäuschend“, kritisiert Baustellen wie fehlende Investitionen, marode Straßen, geschlossene Krankenhäuser und baufällige Schwimmbäder. In der Bildung fordert er ein ganzheitliches Sprachförderkonzept von der Kita bis zur Schule und mehr Lehrer, um Chancengerechtigkeit zu schaffen. In der Wirtschaft habe die Rezession schon vor der Corona-Krise eingesetzt, moniert der Pfälzer und kritisiert Finanzminister Doris Ahnen (SPD) dafür, wie sie es da als Erfolg feiern könne, dass das Bruttoinlandsprodukt in der Corona-Krise nur um 5,7 Prozent gesunken sei. „Rote Laterne bleibt rote Laterne“, sagt der CDU-Mann und packt auch die Grünen nicht in Watte. Klimaschutz sei mehr als „der notwendige Ausbau der erneuerbaren Energien“, sagt der 53-Jährige, der fordert, mehr Unternehmen aus der grünen Branche im Land anzusiedeln. Bei Gewalt gegen Frauen rede die grüne Spitzenkandidatin und Familienministerin Anne Spiegel ständig über ein zusätzliches Frauenhaus, an dem es aber immer noch fehle.

Eine eigene Geschichte zu erzählen, wie er als Ministerpräsident die selbst beschriebenen Baustellen im Land beheben will, bleibt Baldauf am Donnerstag schuldig. Möglicherweise hebt er sich die Erzählung für den CDU-Parteitag am Samstag in Ludwigshafen auf. Geht es nach SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer, besteht die Geschichte von Baldauf darin, das Land „schlecht zu reden“. Der 2,06 Meter große Sozialdemokrat wirft dem CDU-Mann „Schwellenland-Rhetorik“ vor, tadelt: „Wir sind in Rheinland-Pfalz, nicht in Aserbaidschan.“

Mit dem Landeshaushalt schaffe das Land mehr als 350 zusätzliche Lehrerstellen. Bei der Trägerschaft von Schulen habe Baldauf selber einen „doppelten Rittberger“ vollzogen, denn: „Der Einzige, der die Zuständigkeitsfrage gestellt hat, waren Sie, lieber Herr Baldauf“, lästert Schweitzer, der dem CDU-Politiker attestiert, „das Gefühl für Rheinland-Pfalz verloren zu haben“, das der Sozialdemokrat in den schönsten Farben zu malen versucht. Auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) – sonst eher zahm in der direkten politischen Auseinandersetzung mit dem Rivalen – greift Baldauf im letzten Haushalt dieser Legislaturperiode an. „Jeder vierte Euro im Haushalt 2021 und damit mehr als 5,5 Milliarden Euro fließen in die Bildung. Ich frage mich, was Sie von davonlaufenden Lehrern erzählen. Hessen und Baden-Württemberg würden sich wünschen, wenn Lehrer aus Rheinland-Pfalz zu ihnen laufen. Das tun sie aber nicht“, sagt die Triererin.

Auch die Koalitionspartner der SPD setzen sich von der CDU ab – auffällig scharf die Grünen. Fraktionschef Bernhard Braun wirft Baldauf vor, den Haushalt nicht richtig gelesen und viele Förderzuwächse wie für Bildung und Familien nicht zur Kenntnis genommen zu haben. In der Energiepolitik sei die CDU „eine wirtschaftsgefährdende Partei“, sagt Braun, der vorschlägt, Rheinland-Pfalz zu einem Standort für klimaneutrale Wirtschaft auszubauen und aus dem Haushalt 2021 mehr Geld für Wald und erneuerbare Energien hervorhebt. FDP-Fraktionschefin Cornelia Willius-Senzer warnt dagegen vor Schwarz-Grün im Land. „Im grün-schwarzen Musterländle Baden-Württemberg zahlen 96 Prozent der Eltern Kita-Beiträge. Das ist kein Weg für Rheinland-Pfalz, wo die Bildung von der Kita bis zur Hochschule gebührenfrei ist“, betont Willius-Senzer, die im Landeshaushalt mit zusätzlichen Lehrern, Polizisten, Richtern und Staatsanwälten eine „liberale Handschrift“ erkennt. Die „exorbitante Verschuldung“ von 1,2 Milliarden Euro im Haushalt 2021 kritisiert dagegen AfD-Fraktionschef Uwe Junge. Er fordert vom Land, den Rotstift anzusetzen – wie bei Sprachkursen für Flüchtlinge, die irgendwann ausreisen müssten.

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