Missbrauch Ein neuer Fall und Geld von Tätern

Trier · Der neueste Fall ist komplex: Ein noch aktiver Priester im Bistum Trier wird beschuldigt, in den Jahren 1974/75 ein Mädchen sexuell missbraucht zu haben. Kirchenbedienstete haben davon erfahren und den Vorwurf gemeldet.

Judith Rupp, Sprecherin des Bistums Trier, bestätigt auf Anfrage unserer Zeitung, das Bistum Trier habe im Dezember 2019 von den Vorwürfen gegen den Priester erfahren. „Eine unbeteiligte dritte Person hat sich an eine der Ansprechpersonen für Verdachtsfälle sexuellen Missbrauchs gewandt“, sagt die Sprecherin. Das Bistum habe über mehrere Wochen versucht, „die Faktenlage zu verbessern und in Kontakt mit der Person zu treten, die den Pfarrer beschuldigt.“ Erfolglos.

Dann habe das Bistum den Vorwurf im März 2020 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken gemeldet. Wieder gut ein halbes Jahr später, Anfang August, hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt. Das sagt Mario Krah, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, auf Anfrage unserer Zeitung. Zum einen, weil das mögliche Opfer nicht zur Aussage bereit gewesen sei, zum anderen sei der Fall spätestens 2002 verjährt gewesen

Aus Rechtsgründen hätte auch der Beschuldigte nicht vernommen werden können. Laut Staatsanwalt Mario Krah ist der Tatverdacht als äußerst vage zu bewerten.

Das Bistum Trier sieht dagegen offenbar Bedarf, weiter zu ermitteln: Nach Angaben von Sprecherin Judith Rupp wurde eine sogenannte kirchenrechtliche Voruntersuchung eingeleitet. Nach der Ordnung für den Umgang mit sexuellem Missbrauch – früher Leitlinien genannt  – wird eine kirchenrechtliche Voruntersuchung nur dann eingeleitet, wenn „wenigstens wahrscheinlich eine Straftat eines Klerikers vorliegt“.

Rupp betont: „Bis zum Abschluss des Verfahrens gilt für den beschuldigten Pfarrer die Unschuldsvermutung.“

Warum wurde der Priester, der weiter Messen hält und somit auch Kontakt zu Kindern und Jugendlichen hat, nicht beurlaubt, während der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs im Raum steht und gegen ihn ermittelt wird? Wurden die Pfarrgremien über die Beschuldigung informiert?

„Der Priester ist aufgrund der uns bekannten Sachlage und nach Heranziehen der geltenden Ordnung nicht vom Dienst beurlaubt“, sagt Rupp. Aus dem gleichen Grund habe es auch keine Informationen an die Pfarrgremien gegeben.

Seit 2010 bis September 2019 haben sich „162 (mutmaßliche) Opfer beim Bistum gemeldet“, wie die Sprecherin mitteilt. Beschuldigt worden seien in diesem Zeitraum 89 Priester (53 bereits verstorbene, 36 noch lebende).

Das Bistum habe 105 sogenannte Anträge auf finanzielle Leistungen in Anerkennung des erlittenen Leids bewilligt und insgesamt 506 000 Euro gezahlt. Wo möglich fordere das Bistum die finanziellen Leistungen von den Tätern zurück. „Von Tätern beziehungsweise den entsprechenden Ordensgemeinschaften hat das Bistum 70 500 Euro zurückerhalten“, sagt die Bistumssprecherin.  Auch hier gelte Stand September 2019. Aktuellere Zahlen will das Bistum Trier demnach Anfang kommenden Jahres veröffentlichen.

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