Neues von der alten Porta Nigra Das Geheimnis der Porta Nigra wird gelüftet

Trier · 1800 Jahre – oder viel jünger? Das Alter von Triers römischem Stadttor war lange Streitthema. Nun gibt es handfeste neue Erkenntnisse.

Fragt man einen Trierer nach dem Alter der Porta Nigra, dann lautet die Antwort mit hoher Wahrscheinlichkeit „2000 Jahre“. Schließlich hat die Stadt gut 2000 Jahre auf dem Buckel, dann wird es sich mit dem Stadttor doch wohl ebenso verhalten. Stimmt aber nicht. Tatsächlich erlebte Trier um 17 v. Chr. seine Anfänge, als römische Ingenieure die Augusta Treverorum, die Stadt des Kaisers Augustus im Land der Treverer, in der Mosel-Talweite auf die grüne Wiese pflanzten. Die Siedlung wuchs und gedieh, schon 60 Jahre nach der Gründung pries sie der Geograph Pomponius Mela Trier als „urbs opulentissima“, als äußerst wohlhabende Stadt.

Bis zum Bau einer Stadtbefestigung floss aber noch sehr viel Wasser die Mosel hinunter. Im späten zweiten Jahrhundert, so die gängige Expertenmeinung, leisteten sich die römischen Trierer eine Stadtmauer. Sechseinhalb Kilometer lang, sechs Meter hoch, vier Dutzend Türme und vier Torburgen, von denen die Porta Nigra als einzige übrig geblieben ist.

Allerdings stützt sich die „spätes zweites Jahrhundert“-Annahme auf ein Indizien-Puzzle aus Inschriften, Kleinfunden und den Umstand,  dass das heutige Stadt-Wahrzeichen auf dem ältesten Teil des römischen Nordfriedhofs steht. Sie kann also nicht vor dem Jahr 100 entstanden sein. Aber später, viel später. Wissenschaftler, die den Nimbus Triers als älteste Stadt Deutschlands gern in Zweifel ziehen, nutzen den Mangel an handfesten Erkenntnissen gerne dazu, das besterhaltene römische Stadttor nördlich der Alpen entstehungstechnisch mal eben im vierten Jahrhundert zu verorten. Da war Trier Kaiserresidenz.

Das Alter der Porta Nigra? Die einen sagen so, die anderen so. Doch damit ist bald Schluss. Ab 12. Januar soll alle Kaffeesatzleserei so sehr Geschichte sein wie die alten Römer. Denn an jenem Freitag werden in einer Pressekonferenz im Rheinischen Landesmuseum die Ergebnisse neuester Forschungen präsentiert.

„Ein Projekt der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) und der Ludwig-Maximilians-Universität München, mit maßgeblicher Unterstützung der Gerda-Henkel-Stiftung, konnte nun wichtige Erkenntnisse zur Datierung beitragen“, heißt es in der gestern versandten Einladung. Im Fokus des Termins stehen die Ergebnisse der Grabungen der beiden Kooperationspartner im Grünstreifen der Trierer Nordallee. Die Archäologen fanden nicht nur wie erwartet das Fundament der römischen Stadtmauer, sondern auch Hölzer aus deren Entstehungszeit. „Diese wurden nun durch das dendrochronologische Forschungslabor am Landesmuseum Trier genau datiert. Damit können erstmals anhand von konkreten naturwissenschaftlichen Untersuchungen definitive Aussagen zum Bau der Stadtmauer und damit zur Porta Nigra, dem nördlichen Stadttor des antiken Triers, getroffen werden.“

Der angekündigte Auftrieb an Hochkarätern lässt vermuten, dass das Resultat – über das im Vorfeld eisern geschwiegen wird – nicht zu ungunsten Triers ausfallen wird und ebenso wenig die Stadtgeschichte umgeschrieben werden muss. Kulturminister Konrad Wolf, GDKE-Chef Thomas Metz und Landesmuseums-Direktor Marcus Reuter werden sich wohl kaum vor die versammelte Presse stellen und sagen: „Sorry, was wir bisher zur Porta gesagt und geschrieben haben, ist falsch.“

Aber kann eine Bestätigung gängiger Annahmen einen hohen Nachrichtenwert haben? Ja! Denn ist aus der Theorie  erst einmal Gewissheit geworden, dann bestätigt sich auch das, was der Trierer Archäologe Klaus-Peter Goethert (71) schon seit geraumer Zeit predigt: „Der Bau der römischen Stadtmauer und der Torburgen war ein reines Angeber-Projekt.“ Was ein bezeichnendes Licht auf den Rang und das Selbstbewusstsein des „Rom des Nordens“ wirft. Es gab keine militärischen Gründe, wohl aber ausgeprägte Repräsentationsgelüste. Ironie der Geschichte: Ihre erste Bewährungsprobe als Verteidigungsbauwerk musste die Stadtmauer laut dem langjährigen Landesmuseums-Chef Heinz Cüppers (1929-2005) nicht im Kampf gegen Germanen bestehen, sondern in einer rein römischen Auseinandersetzung. Im Bürgerkrieg 193 bis 197 belagerten Soldaten des aus Britannien gekommenen Aufständischen Clodius Albinus die Stadt Trier, die auf der Seite von Kaiser Septimius Severus stand. Die Umwehrung hielt stand. Die aus Mainz herbeigeeilte 22. Legion vertrieb die Angreifer. Clodius Albinus und seine Truppen wurden wenig später im Februar 197 in einer gigantischen Schlacht in der Nähe von Lyon vernichtend geschlagen.

Mit den meisten anderen noch erhaltenen römischen Großbauten Triers sowie Dom und Liebfrauenkirche gehört die Porta Nigra seit 1986 zum Unesco-Weltkulturerbe.  2017 war sie das Motiv der deutschen Zwei-Euro-Gedenkmünze. Auflage: 30 Millionen Exemplare.

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