Die EU schließt auch Wirtschaftssanktionen nicht aus

Brüssel · Bundeskanzlerin Angela Merkel schickt gleich bei ihrer Ankunft in Brüssel harte Töne gen Moskau: "Wir werden sehr deutlich machen, dass wir bei einer weiteren Eskalation bereit sind, wirtschaftliche Sanktionen einzuführen”, sagt sie am VIP-Eingang des EU-Gipfelgebäudes. Früher am Tag hatte sie bereits im Bundestag Klartext geredet (siehe weiteren Bericht auf dieser Seite).

Brüssel. Die deutsche Kanzlerin bleibt mit ihrer harten Ansprache nicht allein. Frankreichs Staatspräsident François Hollande fordert mit Blick auf den EU-Gipfel , Wirtschaftssanktionen müssten "auf jeden Fall vorbereitet werden". Und Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite macht klar, es müsse über gezielte ökonomische Strafmaßnahmen und ein Waffenembargo gegen Russland gesprochen werden. "Sie bedrohen uns noch immer", sagt sie über die Russen. "Es ist an der Zeit, auf enge Verbündete Putins zu zielen." Damit ist der Grundton für den Gipfel vorgegeben.
Beim Abendessen diskutierten die Staats- und Regierungschefs dann bis in die Nacht über die richtige Antwort auf Russlands Annexion der Krim. "Man muss auch an den Tag danach denken", gab Belgiens Regierungschef Elio di Rupo zu bedenken. "Wir müssen eine präzise Analyse machen und uns nicht in Wirtschaftssanktionen stürzen."
Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico warnte vor Strafmaßnahmen im Energiebereich. "Das wäre tödlich für die slowakische Wirtschaft." Sein Land importiert 90 Prozent des Gas- und Ölbedarfs aus Russland.
Klar schien am späten Abend: Die EU weitet ihre Sanktionen gegen Russland aus, verlängert die Liste jener Personen, die mit Einreiseverboten und Kontensperren belegt werden. Wirtschaftssanktionen werden so vorbereitet, dass sie schnell verhängt werden können, sollte Moskau weitere Eskalation betreiben und etwa die östliche oder südliche Ukraine destabilisieren. Zudem isoliert die Europäische Union Russland weiter und sagt den EU-Russland-Gipfel ab.
Russland drohte der EU mit Vergeltung, sollte es weitere Strafmaßnahmen geben. Laut Nachrichtenagentur Interfax nannte Moskau auch "asymmetrische Schritte" und drohte unter anderem mit Auswirkungen auf die Atom-Gespräche mit dem Iran. Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, äußerte nach einem Treffen mit den EU-Staats- und Regierungschefs die Befürchtung, dass sich Russlands "Begehrlichkeiten" nicht auf die Krim beschränkten.Weitere Begehrlichkeiten?


"Und deswegen ist jeder weitere Schritt der russischen Regierung zu beantworten mit verschärften Sanktionen - bis hin zu einer dramatischen wirtschaftlichen Konfrontation", sagte der EU-Parlamentspräsident.
Grund für seine Skepsis waren auch die Ausführungen des ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazeniuk. Er machte den EU-Partnern klar, dass er nicht an ein Einlenken Moskaus glaubt. Wladimir Putin wolle nach der Krim auch andere Teile der Ukraine unter seine Kontrolle bringen, in denen die meisten russischsprachigen Bürger lebten. "Das Endziel Russlands besteht darin, die ukrainische Unabhängigkeit zu beenden", sagte er in Brüssel.
Die Europäer hoffen immer noch, dass ihre Drohungen Putin genau davon abhalten - ohne dass sie wirklich Wirtschaftssanktionen verhängen müssen. Das ist fraglich. Zumindest symbolisch und verbal wollen sie beim EU-Gipfel in Brüssel Härte gegen Russland zeigen.
Heute unterzeichnet Jazenjuk den politischen Teil des Partnerschaftsvertrags mit der EU. Auf Druck Russlands hatte Kiews abgesetzter Präsident Viktor Janukowitsch einen Gipfel zur Unterzeichnung jenes Annäherungsvertrags platzen lassen - und damit die pro-europäischen Proteste auf dem Maidan ausgelöst.

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