Drama hinter Eifeler Dorfidylle

Trier/Oberlascheid · Drei Jahre nach dem Verschwinden von Walter Klein aus Oberlascheid bei Prüm deuten sich mögliche Hintergründe eines Verbrechens an. Ob der Rentner tatsächlich ermordet wurde, bleibt jedoch unklar: Bis heute wurde keine Leiche gefunden.

 Seit drei Jahren vermisst: Walter Klein, der gerne durch die Eifel gewandert ist – hier auf einem älteren Foto. Foto: privat

Seit drei Jahren vermisst: Walter Klein, der gerne durch die Eifel gewandert ist – hier auf einem älteren Foto. Foto: privat

Der Fall Walter Klein schien von außen betrachtet praktisch abgeschlossen. Die Fahnder hatten alles versucht, um den Verbleib des Eifeler Rentners zu klären - ohne Erfolg.

Doch es gab etwas, das die Fahnder nicht ruhen ließ: einen Verdächtigen. Einen Mann, der ein Motiv für einen Mord hatte und seine Gewaltbereitschaft schon bewiesen hatte. Einen Mann, dem die Polizei jedoch nichts nachweisen konnte und den sie deshalb in öffentlichen Stellungnahmen nie erwähnte.

Rückblende ins Jahr 1988: Walter Klein hat sein Elternhaus in Oberlascheid verkauft. Die neue Besitzerin lebt dort mit ihrem Sohn (dem späteren Angeklagten). Walter Klein nutzt sein vertraglich vereinbartes lebenslanges Wohnrecht in einem kleinen hinteren Gebäudetrakt.

"Das war dem Sohn der Besitzerin offenbar immer ein Dorn im Auge", sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Jürgen Brauer. "Es hat sich eine tiefe Feindschaft zwischen den beiden Männern entwickelt, die über Jahre Bestand hatte."

Noch im Jahr 1988 eskaliert der Streit. Der Sohn der Hausbesitzerin schießt Walter Klein vor dem Haus nieder. Das Opfer überlebt nur dank der schnellen Hilfe einer Nachbarin. Der Schütze wird 1989 wegen versuchten Totschlags zu drei Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Er gilt als vermindert schuldfähig (siehe Hintergrund) und wird in einer psychiatrischen Klinik untergebracht.

Doch der Verurteilte flieht. Als er im Sommer 2000 wieder auftaucht, sind die Behörden machtlos: Sein Fall ist verjährt.

Das führt zu einer grotesken Situation: Täter und Opfer leben wieder unter einem Dach. Weitere Zwischenfälle scheinen programmiert.

Inzwischen lebt in dem Haus auch ein Mieterpaar. Die Frau wird später zur Hauptbelastungszeugin. Ihrer Aussage zufolge will der spätere Angeklagte ihren Freund dazu anstiften, Walter Klein zu töten. Dafür soll der Freund einen fünfstelligen Euro-Betrag bekommen.

Das Mieterpaar weist den Mordplan entrüstet zurück. Es folgen weitere Streitereien zwischen den Parteien im Haus, so dass die Mieter schließlich entnervt ausziehen und die Region verlassen.

Deshalb bekommen sie später nicht mit, dass Walter Klein seit September 2007 vermisst wird. Zwischenzeitlich stirbt der Freund.

Eine Fernsehsendung im September 2009 bringt die Wende. In "Aktenzeichen XY" erkennt die ehemalige Mieterin den Fall wieder und meldet sich bei der Polizei.

Sieben weitere Monate ziehen ins Land. "Die Angaben der Zeugin mussten ausführlich geprüft und abgewogen werden", begründet Jürgen Brauer die Verzögerung.

Am 21. April ergeht Haftbefehl - auch der Ermittlungsrichter sieht einen dringenden Tatverdacht. Den müsste die Schwurgerichtskammer allerdings noch bestätigen, damit es zur Verhandlung kommt.
Die heimliche Hoffnung der Staatsanwaltschaft: Ein solcher Prozess könnte vielleicht auch die wahren Hintergründe des Verschwindens von Walter Klein ans Licht bringen. War es Mord? Und wo ist die Leiche?

Extra

Untersuchungshaft

Strafprozessordnung, § 121 (1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen ( ) das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen. (2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, ( ) wenn nicht das Oberlandesgericht die Fortdauer anordnet. (cus)

Hintergrund

Rechtslage (Strafgesetzbuch)

§ 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. § 21 Verminderte Schuldfähigkeit Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49, Abs. 1 gemildert werden. § 30 Versuch der Beteiligung (1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49, Absatz 1 zu mildern. § 23, Absatz 3 gilt entsprechend. (2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften. § 211 Mord (1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet. (cus)

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