Im Gespräch

Vor einigen Tagen erlebte ich den früheren Bundesinnenminister Otto Schily bei einer Podiumsdiskussion in Berlin. Dabei bekräftigte er seine Meinung, der Staat müsse sich mit Hausdurchsuchungen und Ermittlungsverfahren gegen Journalisten wehren, die interne dienstliche Informationen aus Behörden veröffentlich haben.

Dass ohne solche Veröffentlichungen viele Polit-Skandale in dieser Republik niemals bekannt geworden wären, interessierte ihn in diesem Zusammenhang so gut wie nicht. In diesem Augenblick wünschte ich mir, es gäbe einen mutigen Fernsehredakteur, der einmal tief in die Archive der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten steigen und Filmmaterial zu Tage fördern würde, was Otto Schily in den 70er-Jahren als Terroristenverteidiger und Anfang der 80er-Jahre als Bundestags-Abgeordneter der Grünen alles über die "Willkür der Staatsmacht" gesagt hat. Ein Zusammenschnitt seiner damaligen und seiner heutigen Äußerungen würde zweifellos eine hochspannende Fernsehdokumentation ergeben. Doch die wird wohl niemals zustande kommen, weil es quer durch alle Parteien genug Politiker gibt, die solche Zitatvergleiche ebenfalls fürchten müssten und so etwas deshalb zu verhindern wüssten. Und wie ist es mit den Zeitungen, werden Sie fragen, liebe Leserin, lieber Leser. Die Archive von Regionalzeitungen sind zwar höchst ergiebig im Hinblick auf Politiker aus der Region, wären jedoch mit einer solchen speziellen Textdokumentation über nationale Akteure leider überfordert. Was niemand mehr bedauert als wir Zeitungsmacher selbst. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Ihr Walter W. Weber Chefredakteur

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