Intaktes Fundament

Die jetzt in Deutschland diskutierte Frage, ob die soeben abgeschlossene USA-Reise des Bundeskanzlers einen Erfolg darstellt, sollte sich nicht nur daran orientieren, ob der Gast aus Berlin mit konkreten politischen Verhandlungserfolgen zurückgekehrt ist.

Amerikanische Medien haben in diesem Zusammenhang am Wochenende mit spürbarer Verwunderung festgestellt, dass Schröder offensichtlich die Ausklammerung deutscher Firmen bei Wiederaufbau-Aufträgen im Irak bei seinen Gesprächen mit George W. Bush nicht thematisiert hat. Das Kanzler-Prinzip lautet aber hier, wie Schröder deutschen Journalisten zu verstehen gab: Die Zeit wird es schon richten - und auch die Erkenntnis, dass man im Irak am Sachverstand made in Germany kaum vorbeikommen wird. Die Taktik, hier nicht mit der Faust auf den Tisch zu schlagen, war allein schon deshalb angemessen wie geschickt, weil das Weiße Haus auf Druck der US-Demokraten mit dem Gedanken spielt, den Boykott der Antikriegsgegner zu überdenken. Leise Töne waren somit das Mittel der Wahl - zumal auch Bush unerfüllbare Wünsche aussparte und bei der Frage der Entsendung deutscher Kampftruppen nicht insistierte. Und: Nach der Machtübergabe im Irak werden in Bagdad in Sachen Wiederaufbau ohnehin die Karten neu gemischt, weil man im Irak darauf bestehen wird, auch in dieser Frage Souveränität zu zeigen. Beide Regierungschefs haben sich zu einer Zeit gegenseitig aufgewertet, in der innenpolitische Probleme und Kritik die Debatte in den Heimatländern bestimmt: Bush kämpft um den Wiedereinzug ins Weiße Haus und den Vorwurf des politischen Gegners, mit seinem einseitigen Kriegskurs das Verhältnis zu den Alliierten ruiniert zu haben, Schröder um seine politische Zukunft als Reform-Kanzler. Da drängt es sich auf, dass man die Atmosphäre pflegt und sich auf Verbindendes konzentriert sowie jene wichtigen Bereiche, in denen außenpolitisch Handlungs- und nicht Streitbedarf besteht: Der Nachkriegs-Irak, Afghanistan, der unmöglich erscheinende Weg zum Frieden in Nahost. Beide Seiten können sich seit dem Wochenende darauf berufen, eine effektivere Partnerschaft wieder fester ins Auge gefasst zu haben. Nach den sogar in gegenseitige Beleidigungen ausufernden Differenzen der jüngeren Vergangenheit ist dies ganz unbestreitbar ein Erfolg. nachrichten.red@volksfreund.de

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