So einfach dann doch nicht

BERLIN. Die Finanzminister mehrerer Bundesländer äußern sich einer Umfrage der "Financial Times" nach eher skeptisch zu dem Vorhaben, im kommenden Jahr eine große Steuerreform mit dem Ziel einer radikalen Vereinfachung des Steuersystems anzugehen.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und der Finanzexperte Friedrich Merz (CDU) wollen aber an der geplanten Reform festhalten. Die Union werde bis Sommer kommenden Jahres einen konkreten Entwurf für ein Steuergesetz im Bundestag einbringen, kündigte Merz in Interviews an. Als Gerüst dafür soll das dreistufige Steuermodell gelten, das Merz selbst kürzlich vorgelegt hat. Allerdings bezeichnete Clement dieses Modell (Steuersätze 12, 24 und 36 Prozent, bei 8000 Euro Grundfreibetrag pro Person) als "in sich noch nicht schlüssig", da es eine Finanzierungslücke von 24 Milliarden Euro aufweise. Außerdem sei ein linear-progressiver Tarifverlauf (wie bisher) gerechter. Diese Ansicht teilt auch der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU), der das Modell zwar im Grundsatz begrüßt, es aber noch für verbesserungswürdig hält. Erst am vergangenen Wochenende hatte der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber eine "radikale" Vereinfachung des deutschen Steuerrechts in Aussicht gestellt: "Das werden wir ändern." Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte darauf verhalten reagiert, da er die Bereitschaft der Union zum Abbau der Steuervergünstigungen in Frage stellt. Tatsächlich scheint das Problem der Subventionen und Vergünstigungen nur schwer lösbar, weil sich Union und SPD bislang dagegen sträuben, gewisse Vergünstigungen abzubauen.Merz-Modell "unfinanzierbar"

So hat Schröder erst kürzlich die Fortschreibung der Steinkohlesubventionen bis ins Jahr 2012 hinein versprochen, während verschiedene Unionspolitiker die Eigenheimzulage und/oder die Pendlerpauschale im Prinzip erhalten wollen. Mehrere SPD-Politiker dämpften deshalb auch die hoch gesteckten Erwartungen an eine große Steuerreform im Jahr 2004. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und SPD-Vize Kurt Beck wies auf die gerade erst beschlossene Steuersenkung zum 1. Januar hin und fragte, "wo noch weitere finanzielle Spielräume sind?". Er plädiere zwar ebenfalls für eine Steuervereinfachung, doch sei etwa das Merz-Modell "nicht zu verkraften", sagte Beck. Ähnlich äußerten sich die SPD-Finanzexperten Joachim Poß, Rainer Wend, Gernot Mittler und Sigrid Keler. Poß, Fraktionsvize der SPD im Bundestag, kritisierte das Merz-Modell sogar als "völlig unseriös und unfinanzierbar". Es reiße in den Haushalten von Bund und Ländern Löcher von 40 Milliarden Euro, wobei die Kosten der CDU-"Kopfpauschale" in der Krankenversicherung noch nicht berücksichtigt seien. Insgesamt müsse durch die CDU-Konzepte mit Steuerausfällen von 67 Milliarden Euro gerechnet werden. Gleichwohl will die Bundesregierung im kommenden Jahr "einen neuen Anlauf wagen" (Clement). Demnach plant Bundesfinanzminister Hans Eichel, im Frühjahr ein Steuervereinfachungskonzept vorzulegen. Unterstützt wird er dabei von NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD). Ob der dazu erforderliche Subventionsabbau erreichbar ist, bleibt aber fraglich: "Ich prophezeie", sagte der Mainzer Finanzminister Mittler, "dass daraus nichts wird."

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