Wer nur kommt, um Sozialhilfe zu kassieren, hat schlechte Karten

Brüssel · Deutschland darf sogenannten Armutszuwanderern aus dem EU-Ausland Hartz IV-Leistungen weiter verweigern, sofern die Menschen nur mit dem Ziel kommen, Sozialhilfe zu beziehen. Mit dieser Auffassung stärkt der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), Melchior Wathelet, der Bundesregierung den Rücken.

Brüssel. Es geht um den Fall einer Rumänin, die keine Berufsausbildung hat und weder in ihrer Heimat noch in Deutschland je erwerbstätig war. Sie lebt mit ihrem Sohn seit mehreren Jahren in der Wohnung einer Schwester in Leipzig. Die Frau erhält von dieser Nahrungsmittel sowie vom Amt Kindergeld und einen Unterhaltsvorschuss für ihren Sohn. Nach einer Arbeit sah sie sich nicht um. Beim Jobcenter Leipzig beantragte sie Hartz IV, was dieses ablehnte.
Die Rumänin klagte. Das Sozialgericht Leipzig bat den EuGH um Klärung, ob der Ausschluss mit EU-Recht vereinbar ist. Generalanwalt Wathelet bejaht dies in seinem Schlussantrag, den er gestern dem EuGH in Luxemburg vorlegte, klar.Schutz vor Missbrauch



Deutschland darf nach seiner Ansicht EU-Bürger von Hartz-IV-Leistungen ausnehmen, "die einzig und allein mit dem Ziel kommen, eine Beschäftigung zu suchen oder Sozialhilfe zu beziehen". Die deutschen Regeln erlaubten es, "Missbräuche und eine gewisse Form von ,Sozialtourismus\' zu verhindern". Schwung hat die Debatte dadurch erhalten, dass Bulgaren und Rumänen seit Jahresbeginn ohne jede Arbeitserlaubnis nach Deutschland kommen können. In Deutschland sind Arbeitsuchende und arbeitslose Zuwanderer aus EU-Ländern von Hartz-IV-Hilfen generell ausgeschlossen. Erst wenn sie eine Beschäftigung aufnehmen, erwerben sie Ansprüche.
Nach EU-Recht dürfen sie sich für drei Monate in einem anderen Mitgliedsstaat der EU aufhalten, solange sie die Sozialleistungen des Staates nicht unangemessen in Anspruch nehmen. Wenn sie länger als drei Monate bleiben wollen, müssen sie über ausreichende Existenzmittel verfügen, so dass sie keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmestaats benötigen.

Das Urteil fällt erst in einigen Monaten. Doch der EuGH folgt in vielen Fällen den Schlussanträgen des Generalanwalts (AZ: C-333/13).Extra

4 431 000 erwerbsfähige Menschen bekamen im April 2014 in Deutschland Hartz IV. Grundsätzlich gilt: Wer bedürftig ist, bekommt die Unterstützung. Komplizierter ist die Sachlage für EU-Ausländer, die in Deutschland Hartz IV beantragen. Wer als EU-Bürger lange in Deutschland gewohnt und gearbeitet hat, unterscheidet sich nach dem Jobverlust kaum von einem Bürger mit deutschem Pass. Anders ist dies bei Ausländern, die nach Deutschland einreisen: In den ersten drei Monaten gibt es dann kein Hartz IV, anschließend wird geprüft, ob der Bürger zum Zwecke der Arbeitssuche ins Land gekommen ist. Hat der Einreisende eine Arbeit in Deutschland gefunden und verliert sie wieder, kann er Hartz IV beziehen. Nach dem gestern beim Europäischen Gerichtshof vorgelegten Schlussantrag des Generalanwalts darf Deutschland Zuwanderern unter Umständen Hartz IV verweigern. dpa

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