Nach Unfalltod einer jungen Frau durch einen Freigänger Bewährungsstrafe für Vize-Chefin des Wittlicher Gefängnisses (Update)

Limburg/Wittlich · Die drei Jahre zurückliegende tödliche Geisterfahrt eines Freigängers kommt zwei rheinland-pfälzische Justizbedienstete teuer zu stehen. Das Limburger Landgericht verurteilte am Donnerstag die stellvertretende Leiterin der Justizvollzugsanstalt Wittlich und einen Justizbeamten aus Diez wegen fahrlässiger Tötung zu neunmonatigen Bewährungsstrafen. Ein weiterer Bediensteter aus Wittlich wurde freigesprochen.

 Drei Angeklagte und ihre Verteidiger sitzen zum Auftakt eines Prozess in einem Saal des Landgerichts. Die Justizvollzugsbeamten sollen am Unfalltod einer jungen Frau mitschuldig sein.

Drei Angeklagte und ihre Verteidiger sitzen zum Auftakt eines Prozess in einem Saal des Landgerichts. Die Justizvollzugsbeamten sollen am Unfalltod einer jungen Frau mitschuldig sein.

Foto: dpa/Thomas Frey

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Beamten eine Mitschuld an der Todesfahrt des Freigängers tragen, weil sie ihre Sorgfaltspflicht vernachlässigt hätten. So sei der zunächst in Wittlich und zuletzt in Diez einsitzende Häftling in den offenen Vollzug gekommen, ohne dass sich die Angeklagten ausreichend mit dem allein 24 Mal wegen Fahrens ohne Führerschein vorbestraften Mann beschäftigt hätten.

Der heute 47-Jährige war im Januar 2015 auf der Flucht vor der Polizei in den Gegenverkehr gerast und mit einem anderen Wagen zusammengestoßen. Dessen Insassin, eine 22 Jahre junge Frau, starb später an den Folgen des Unfalls. Das Limburger Landgericht wertete den Unfall als Mord und  verurteilte den Todesfahrer zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe. Der Mann war bei dem Crash wieder ohne Führerschein und mit gestohlenen Nummernschildern unterwegs.

Hätte die Todesfahrt verhindert werden können, wenn – wie es der Staatsanwalt im Prozess gegen den Angeklagten gesagt hat – „der Justizvollzug funktioniert hätte“? Weil die Limburger Ankläger dafür Anhaltspunkte sahen, mussten sich die drei JVA-Beamten aus Wittlich und Diez seit Dezember vor Gericht verantworten. Der Ausgang des Prozesses war wegen der möglichen Signalwirkung bundesweit mit Spannung verfolgt worden.

Experten wie der Trierer Strafrechtsprofessor Mark A. Zöllner oder der Landesvorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten, Winfried Conrad, befürchten nun Auswirkungen auf den offenen Vollzug in ganz Deutschland. In Rheinland-Pfalz ist das schon jetzt der Fall: Die Zahl der Freigänger hat sich in knapp drei Jahren fast halbiert (siehe Extra).

Die Verteidiger der beiden verurteilten Beamten kündigten an, dass sie gegen das Urteil des Limburger Landgerichts Revision einlegen werden. Nach Angaben des Mainzer Justizministeriums wurde bislang kein Disziplinarverfahren gegen die Beamten eingeleitet.

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