Ein Angebot "direkt für den Reißwolf"

Irrel/Neuerburg · Mehr Zeit, um zusammenzuwachsen? Das hat die Landesregierung den Verbandsgemeinden in Aussicht gestellt, die eigentlich zum 1. Juli 2014 zwangsfusioniert werden sollen. Voraussetzung für die Fristverlängerung: Die VG-Räte stimmen einer späteren Fusion zu. Im Fall von Irrel und Neuerburg geht dies aber nicht: Der ablehnende Bürgerentscheid in der VG Irrel steht diesem Weg entgegen.

Irrel/Neuerburg. So schnell kann die Stimmung kippen. Noch am Montag kommentierte Moritz Petry, Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Irrel, die Ende vergangener Woche vom Mainzer Innenministerium ins Spiel gebrachte Fristverschiebung für die geplanten Zwangsfusionen von Verbandsgemeinden durchaus wohlwollend: "Das ist aus meiner Sicht die logische Schlussfolgerung aus den vielen Diskussionen der vergangenen Monate", sagte Petry. Gestern spricht er dagegen von einem "taktischen Manöver, das niemandem eine Verbesserung bringt". KOMMUNAL REFORM

Grund für den Stimmungswechsel ist das Schreiben von Innenminister Roger Lewentz, das mittlerweile alle 20 Bürgermeister im Land erreicht hat, deren Verbandsgemeinden zum 1. Juli 2014 zwangsfusioniert werden sollen: Lewentz bietet ihnen darin eine Schonfrist bei der Umsetzung der Kommunalreform bis 2019 an. Voraussetzung für die Fristverlängerung: Sie demonstrieren ihre Zustimmung zur Fusion durch einen Ratsbeschluss (der TV berichtete). In der VG Neuerburg, die in der Vergangenheit mehrfach ihre Bereitschaft zu einer Ehe mit Irrel signalisiert hatte, kam der neue Vorstoß des Landes von Beginn an nicht gut an. "Es ist mir nicht erklärbar, dass das Land so einen Rückzug macht", sagte Günter Colling, der als erster Beigeordneter derzeit Bürgermeister Norbert Schneider vertritt. Es gebe keinen Grund, die Frist 2014, die lange feststand, zu verschieben. Bei Irrels VG-Chef Petry dagegen keimte zunächst Hoffnung auf. Hoffnung darauf, dass der Irreler VG-Rat nun doch noch die Chance bekommt, mit einem Ratsbeschluss dem Land seine grundsätzliche Fusionsbereitschaft zu zeigen - aber eben mit einem anderen Partner und nicht der VG Neuerburg. Diese Möglichkeit hat sich mit dem Schreiben des Innenministers allerdings zerschlagen. Denn daraus geht explizit hervor, dass das Land für die Fristverlängerung voraussetzt, dass die betroffenen Verbandsgemeinden einem Zusammenschluss in der vom Land vorgeschlagenen Form zustimmen. "Ob die Zwangsfusion 2014 oder erst 2019 kommt, macht doch keinen Unterschied", kritisiert Irrels VG-Chef und ergänzt: "Soweit ich das beurteilen kann, geht es bei fast keinem meiner Bürgermeisterkollegen im Land darum, dass zu wenig Zeit ist, sondern dass der falsche Partner ausgesucht wurde." So sieht es im Fall der vorgesehenen Zwangsehe von Irrel und Neuerburg zumindest auch ein Großteil der Irreler Bürger: Ende April hatte sich eine Mehrheit von 90 Prozent der Wahlberechtigten in einem Bürgerentscheid gegen die Fusion mit Neuerburg ausgesprochen, die Wahlbeteiligung lag bei 43,3 Prozent. Ein Votum mit Konsequenzen: Denn der Bürgerentscheid bindet den Irreler VG-Rat für drei Jahre. Er darf innerhalb dieses Zeitraums keinen dem Entscheid entgegenstehenden Beschluss fassen, also nicht plötzlich für die Fusion mit Neuerburg stimmen. Und so können die Verbandsgemeinden Irrel und Neuerburg ihre Zwangsfusion auch nicht hinauszögern, da sie diesbezüglich keine übereinstimmenden Ratsbeschlüsse treffen können. Oder, wie Irrels Bürgermeister Petry sagt: "Wir können den Brief aus Mainz direkt in den Reißwolf stecken."Meinung

Weiter ohne PlanDie Kritiker der Kommunalreform sind zahlreich. Wen wundert\'s angesichts des Schlingerkurses, den die Landesregierung dabei fährt? Sie selbst ist es, die den Kritikern mit ihrer Inkonsequenz immer wieder in die Karten spielt. Sei es, weil sie manche Kommunen zur Fusion zwingt, andere jedoch nicht. Sei es, weil sie stets Bürgerbeteiligung betont, den Bürgern dann aber oft kein Gehör schenkt. Es passt ins Bild, dass das Land nun anbietet, den Termin für die Zwangsfusionen zu verschieben. Und es passt, dass dafür eine Voraussetzung erfüllt sein muss, die einige Kommunen gar nicht erfüllen können, da der vorgesehene Partner bereits per Bürgerentscheid abgelehnt wurde. Kurzum: Es fehlt weiter an einer klaren Linie. n.ebner@volksfreund.de

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