Nach dem Krach die Einigung

Kyllburg · Niemand verlässt aus Protest die Sitzung des Verbandsgemeinderats Kyllburg. Nach dem Donnerwetter Ende Juni einigen sich am Montagabend SPD, Grüne, FDP, FWG und CDU im zweiten Anlauf auf eine gemeinsame Stellungnahme zu dem vom Land vorgelegten Fusionsvertrag. Als Kann-Bestandteil bleibt die höhere Abgabe für die Verbandsgemeinde, die sogenannte Sonderumlage, im Vertrag.

Kyllburg. Bildlich gesprochen tänzelt Rainer Wirtz, Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Kyllburg, ein wenig wie auf rohen Eiern durch den äußerst sensiblen Tagesordnungspunkt Kommunalreform. In der Sitzung des VG-Rats am Montagabend geht es zum zweiten Mal um die Beratung und Abstimmung einer gemeinsamen Stellungnahme zu dem vom Land vorgelegten Gesetzesentwurf zur Fusion.Zweiter Versuch


Bereits Ende Juni sollte darüber abgestimmt werden. Doch in der Sitzung ging ein wahres Donnerwetter auf den VG-Chef nieder. Bei den Fraktionen hatte sich laut FWG-Vorsitzendem Joachim Schmitt so viel Unzufriedenheit über die bisherige Fusionsarbeit des Bürgermeisters angestaut, dass SPD, Grüne, FDP und Teile der FWG aus Protest den Sitzungssaal verließen (der TV berichtete).
In der Sitzung am Montag scheinen die Wogen wieder geglättet. Keine Vorwürfe, keine hitzigen Diskussionen. Gleich zu Beginn weist Wirtz die Vorwürfe zurück: "Die Unterstellungen der Sabotage sind falsch. Alle Themen werden aktiv angepackt."
Vorsichtig spricht Wirtz den Streitpunkt Sonderumlage an: "Es gibt einen Knackpunkt, an dem sich die Gemüter in der vergangenen Sitzung erhitzt haben - Paragraf 15 des Vertrages", sagt Wirtz. Laut diesem kann der Fusionspartner Bitburg-Land neben der VG-Umlage von den Gemeinden der bisherigen VG Kyllburg eine jährliche Sonderumlage erheben (siehe Extra). Grund dafür ist die höhere Verschuldung Kyllburgs.Aus muss wird kann


"Mit dieser Änderung von muss auf kann hat das Land uns eine Brücke geschlagen", so Bürgermeister Wirtz. Bisher war die Sonderumlage nämlich ein Muss im Vertrag. Der VG-Chef bittet seinen Rat: "Vertrauen Sie da dem neuen VG-Rat. Lassen Sie uns den Weg des Landesvorschlags mitgehen, im Interesse des Bürgers und der VG."
Doch wie zu Beginn der Fusionsverhandlungen stellt sich die CDU gegen die Sonderumlage. In einem Sonderantrag fordert die Fraktion die ersatzlose Streichung des Paragrafen 15 aus dem Gesetzesentwurf zur Fusion. Mit sieben Zustimmungen, einer Enthaltung und 16-mal Nein wird der Antrag vom Rat abgelehnt. Auch der Antrag der Verwaltung, dem Landesvorschlag zu folgen, wird mit einer Enthaltung, drei Ja- und 20 Nein-Stimmen abgelehnt.
Einen dritten Antrag stellt die FWG. Nach diesem soll die Stellungnahme, wie in der Vorlage beschlossen, abgegeben werden.
Zur Sonderumlage soll keine gesonderte Erklärung erfolgen.
Die Begründung: "Die Fraktionen FWG, FDP, SPD und Grüne fühlen sich nach wie vor den Vereinbarungen des Fusionsvertrages verpflichtet. Daher ist es völlig unerheblich, ob der Gesetzgeber eine Kann- oder Muss-Formulierung wählt."Verschuldung steigt


Eine Streichung der Sonderumlage sei aufgrund der wachsenden Pro-Kopf-Verschuldung von rund 800 Euro in 2009 und 1200 Euro in 2012 nicht nachvollziehbar. Diesem Antrag stimmt der Rat mit 14 Stimmen zu. Nein sagen neun Ratsmitglieder, ein Mitglied enthält sich.
Nach mehr als 22 Sitzungen zur Aushandlung des Fusionsvertrages bringt der Kyllburger VG-Rat schließlich die Stellungnahme zum Gesetzesentwurf des Landes auf den Weg. Bitburg-Land hatte die Stellungnahme bereits am 27. Juni verabschiedet.Meinung

Aussprechen und zurück zur Sache!
Der Seemann würde von spiegelglatter See und Windstille sprechen, müsste er die Stimmung nach dem Krach im Kyllburger VG-Rat beschreiben. Dass sich der Rat so schnell wieder zusammenrauft, hätten wohl auch die Fraktionen nicht gedacht. Endlich geht es wieder um die sachliche Auseinandersetzung mit der Fusion. Völlig ohne Protest ging die Beratung am Montag über die Bühne. Auch zu einem ordentlichen Ergebnis kam man im zweiten Anlauf. Das ist lobenswert. Doch trotz des Friedens scheint der Frust bei den meisten Fraktionen tief zu sitzen. Nicht ohne Grund verlassen Fraktionen, die gemeinsam die Mehrheit im Rat haben und Entscheidungen locker zu ihren Gunsten herbeiführen können, eine Sitzung. Da scheint mit der Kommunikation zwischen VG-Chef und Fraktionen etwas nicht zu stimmen. Ein Tipp: Zusammensetzen, die Probleme aus der Welt schaffen und im Austausch bleiben. Nur dann können alle wieder mit Leib und Seele zurück zur Sache kommen. m.radics@volksfreund.deExtra

Eklat im VG-Rat: SPD, Grüne, FDP und Teile der FWG haben Ende Juni aus Protest die VG-Ratssitzung verlassen. Damit war der Rat nicht mehr beschlussfähig. Im ersten Anlauf konnte deshalb nicht über den Gesetzesentwurf zur Fusion abgestimmt werden. Grund für den Eklat war die Unzufriedenheit der Fraktionen mit der laut Joachim Schmitt (FWG) "passiven Fusionsarbeit von Bürgermeister Rainer Wirtz". Der setze die vom Rat getroffenen Beschlüsse nicht um, würde die Fusion bewusst sabotieren (der TV berichtete). Sonderumlage: Eine um 2,5 Prozent höhere Umlage sollen die 21 Kyllburger Gemeinden zehn Jahre lang an die neue Verbandsgemeinde Bitburger Land zahlen. So steht es im Vertrag über die Fusion zwischen den Verbandsgemeinden Bitburg-Land und Kyllburg. Damit sollen die 21 Gemeinden der Kyllburger Wald-eifel wie bisher eine Umlage von 46,5 Prozent zahlen, die Gemeinden aus Bitburg-Land 44 Prozent. Grund für die höhere Umlage der Kyllburger Orte waren die im Vertrag zugrunde gelegten Finanzdaten: Die Pro-Kopf-Verschuldung ist in der VG Kyllburg demnach drei Mal so hoch wie in der VG Bitburg-Land. Rechtliche Schritte: Ob diese Berechnung allerdings stimmt, daran hat der Kyllburger Stadtrat erhebliche Zweifel (der TV berichtete mehrfach). Er glaubt, dass das im Fusionsvertrag ermittelte Defizit deutlich geringer ausfallen könnte und die Sonderumlage damit nicht gerechtfertigt sei. Deshalb hat der Rat im Juni entschieden, gegen den Fusionsvertrag zu klagen. neb

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