Die Ringparabel und das Grundgesetz

DAUN. Die letzte Klappe für eine Episode des Filmprojekts "GG19" ist nach fünf Proben- und Drehtagen am Thomas-Morus-Gymnasium (TMG) gefallen. Die 16 Mädchen und Jungen, die die Filmklasse bildeten, und die sieben, die ein Praktikum absolvierten, haben bemerkenswerte Erfahrungen gesammelt.

Wo auf dem Schulhof bis Anfang der Woche zwei Lastwagen parkten und ein mobiler Film-Catering-Service seinen Stand aufgeschlagen hatte, wo in Treppenhaus und Fluren riesige Scheinwerfer standen und Leute mit Skripten, Kameras, Mikrofonen und Schminkkoffern herumeilten, wo Schauspieler und Statisten auf die den nächsten Dreh warteten, herrscht jetzt fast wieder der ganz normale Schulalltag. Immer noch stehen die Mitschüler, die beim Casting im November 2005 das Rennen gemacht hatten und nun als Filmklasse oder Praktikanten (siehe Hintergrund) mitwirkten, im Mittelpunkt des Interesses. So geht es auch Michelle Junk, die in der Filmklasse saß - als tolerante Schülerin auf der Seite von Wuschel, den der "richtige" Schauspieler Stefan Dellgruen darstellte. Die Hauptrolle besetzte Marco Horsch; er machte als Richie Front gegen die islamische Lehrerin Yasmin Bahrami, gespielt von Adriana Altaras. "Es war eine ganz besondere Erfahrung", sagt Michelle Junk im Gespräch mit dem TV. "Wir werden Kinofilme in Zukunft mit anderen Augen ansehen." Niemals hätte sie gedacht, dass für sechs Minuten Film so ein großer Aufwand betrieben werden müsse. Die Filmleute seien sehr nett und geduldig gewesen, vor allem die Regisseurin Suzanne von Borsody. "Sie hat uns viele Tipps aus ihrer eigenen Erfahrung als Schauspielerin gegeben. Sie hat überhaupt nicht gemeckert und in den Drehpausen Entspannungsübungen mit uns gemacht," erzählt die 17-Jährige. "Und zum Abschied haben wir Schokolade von ihr bekommen." Was Michelle Junk berichtet, hatte auch der TV beobachtet, als am zweiten Drehtag Fernseh- und Rundfunkteams und Zeitungsreporter am Set zugelassen waren. "Bitte, Ruhe!" - "Achtung Probe!" - "Wir bauen um" - "Das drehen wir noch mal": An die Zurufe haben sich alle Anwesenden zu halten. Geprobt, gedreht und gespielt wird im Klassenraum der 9c. Auf den Schülertischen liegen die üblichen Unterrichtsutensilien: Bücher, Hefte, Stifte, zerknülltes Papier. Und jene seit Schülergenerationen bekannten, gelben Reclam-Hefte - diesmal Lessings "Nathan der Weise". Um den Kern dieses Dramas, die "Ringparabel", ist die Handlung der Dauner Filmepisode von "GG19" angesiedelt, um Lessings Forderung nach Toleranz. Der Schüler Richie provoziert die muslimische Lehrerin türkischer Abstammung, und in der Klasse bilden sich zwei Lager. "Achtung, Aufnahme!", heißt es, nachdem die Maskenbildnerin mit Puderquaste und Lippenstift für das gute Aussehen der Lehrerin gesorgt hat. Kameramann Max Penzel wird auf einem Dolly herangefahren, Richies Stuhl muss erhöht werden, ein Podest wird darunter geschoben. "Wir drehen!" Will heißen: Alle, die nicht mitspielen, nicht Regie oder Kamera führen oder assistieren, müssen nun raus.

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