Kommunalpolitik Kell regelt neu, wer für Straßenausbau zahlt

Kell am See · Künftig teilen sich mehr Grundstücksbesitzer im Ort die Kosten. Manche bleiben aber vorerst verschont.

Die Anliegerbeiträge für den Straßenausbau sind derzeit in aller Munde. Landesweit gibt es Vorstöße aus Parteien und Gemeinden, diese Beiträge abzuschaffen, um die Bürger finanziell zu entlasten. Im Gemeinderat Kell am See ging es nur am Rande um diese Debatte. Vielmehr hat der Rat nun die entscheidenden Formalitäten geklärt, um die Berechnung der Beiträge in dem Hochwaldort neu zu regeln.

Schon im Mai 2018 fiel die einstimmige Entscheidung, sich von den bislang in Kell geltenden Einmalzahlungen zu verabschieden. Diese funktionieren nach dem Schema, dass jeweils nach dem Ausbau einer Ortsstraße die angefallenen Kosten – nach Abzug eines Gemeindeanteils – auf die Grundstückseigentümer in der Straße verteilt werden. Künftig soll das Alternativmodell der sogenannten wiederkehrenden Beiträge gelten. „Es ist sicherlich eine einschneidende Veränderung, aber sozial verträglicher“, stellte Ortsbürgermeister Markus Lehnen (CDU) fest. Es habe zwar eine Weile gedauert, die dazugehörige Satzung zu erarbeiten. Diese müsse aber „hieb- und stichfest“ sein, damit sie möglichen Klagen standhalte.

Die rechtlichen Details erläuterte Günter Reiter von der Verbandsgemeinde-Verwaltung in Saarburg. Bei wiederkehrenden Beiträgen werde eine größere Abrechnungseinheit gebildet, sagte Reiter. Im Fall von Kell am See sei dies die gesamte Ortslage nördlich der B 407. Außen vor bleiben das Gewerbegebiet Im Grammert und der Bereich des Feriendorfs am Stausee, wo weiterhin Einmalbeiträge gelten sollen. Laut Reiter werden künftig pro Jahr auf alle beitragspflichtigen Anlieger in diesem Abrechnungsgebiet die Kosten verteilt, die im Zeitraum zwischen 1. Januar und 31. Dezember für Ausbauprojekte ausgegeben wurden. Das bedeutet: Es zahlen mehr Anlieger als vorher und zwar jährlich, aber dadurch werden die Beträge in der Regel kleiner als bei den Einmalzahlungen.

Laut dem VG-Fachmann hat die Gemeinde ihren eigenen Anteil an den Ausbaukosten auf 35 Prozent festgelegt – laut Verwaltung der höchstmögliche Satz. Bei sozialen Härtefällen, die Beiträge nicht zahlen könnten, sei nach wie vor eine Stundung möglich. Dies sei bei wiederkehrenden Beiträgen aber seltener notwendig. Falls sich in einem Jahr einmal besonders hohe Beiträge abzeichneten, könne die Gemeinde auch Vorauszahlungen erheben, „um das Ganze zeitlich etwas zu strecken“.

Der Rat beschloss die Satzung bei einer Enthaltung und segnete außerdem eine weitere Satzung ab. Diese regelt, welche Straßen zunächst noch veschont bleiben. Deren Anlieger müssen vorerst nicht mitbezahlen, weil ihre Straßen erst vor kurzer Zeit ausgebaut wurden und sie dafür höhere Beiträge leisten mussten. Befreit sind aktuell Bergstraße (bis 2028), Hohlweg (bis 2024), Meßflur (bis 2027) und ein Teilstück der Schulstraße (bis 2021).

Diese Schonzeiten wurden nach einem klar definierten Schema berechnet, erläuterte Günter Reiter. Das Gesetz erlaube maximal 20 Jahre Schonfrist. Maßgeblich sei nicht nur der Zeitpunkt des letzten Ausbaus, sondern auch die Höhe der damals gezahlten Beiträge. Für Ortsstraßen in Zuständigkeit der Gemeinde habe die Verwaltung grundsätzlich vier Jahre Schonfrist festgelegt. Dazu habe man je ein weiteres Jahr pro 50 Cent gezahltem Beitragssatz addiert. „Bei Straßen, die nicht in der Liste auftauchen, ist die Schonzeit schon abgelaufen“, fügte der Ortschef hinzu. Entweder seien dort geringere Beiträge angefallen oder der Ausbau sei schon zu lange her.

Lehnen nannte das neue Modell „zeitgemäß“. Es ermögliche, überhaupt weiter Straßen auszubauen. Bei der Trierer Straße, die dieses Jahr anstehe, wären die Einmalbeträge kaum zu stemmen gewesen. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt für eine Umstellung des Systems. Zumal der Rat genau festgelegt habe, was in den nächsten 15 Jahre ausgebaut werde. Horst Zimmert (FWG) erklärte, der Beschluss von 2018 sei aktuell richtiger denn je. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Diskussionen und Resolutionen zur Abschaffung der Anliegerbeiträge wären Einmalbeiträge für die Trierer Straße nicht zu vermitteln gewesen. Seine Fraktion sei offen dafür, sich solchen Resolutionen anzuschließen, „um Druck aufs Land aufzubauen“. Johannes Reitz (CDU) resümierte, die Gemeinde könne nun wieder ohne Zögern eine ihrer „ureigensten Aufgaben“ wahrnehmen und dabei die Lasten auf mehrere Schultern verteilen. Beide Fraktionschefs erklärten, man müsse die Bürger allerdings umfassend informieren, beispielsweise mit einem Flyer. Martin Alten (CDU), hauptamtlicher Beigeordneter der VG, lobte den Rat, der mit einem schwierigen Thema „vorbildlich“ umgegangen sei.

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