Deprimierendes Defizit

REINSFELD. Eine deprimierende Entwicklung vergällt den Reinsfelder Ratsmitgliedern den Blick in die Kasse der Kommune. Denn trotz steigender Steuereinnahmen rutscht der Gemeinde-Etat 2006 in die Miesen. Gleichwohl werden im Hochwaldort in den nächsten Monaten fast 1,4 Millionen Euro in neue Projekte investiert.

Ob SPD, CDU oder Offene Wählerliste (OWL) - bei der Interpretation des Reinsfelder Haushalts 2006 sind sich - was durchaus nicht die Regel ist - alle Fraktionen im Rat einig. "Es ist eine Schande. Den Letzten beißen die Hunde", kommentiert Ortsbürgermeister Rainer Spies (SPD) das Zahlenwerk für das 2300-Einwohner-Dorf. "Das ganze Dilemma, in das die kommunalen Haushalte gedrängt werden, wird hier deutlich", sagt Paul Port von der OWL. Und Andreas Weist von der CDU bleibt nur die deprimierende Feststellung, dass "wir in einer schwierigen Situation stecken, damit aber leben müssen".1,33 Millionen Euro Steuereinnahmen

Der Grund für den Frust der Reinsfelder Räte ist einleuchtend: Denn die Wirtschaftsdaten der Kommune stimmen. Die Steuereinnahmen werden 2006 in Reinsfeld eine neue Rekordsumme von 1,33 Millionen Euro erreichen. Egal, ob Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer oder Gewerbesteuer - die Entwicklung auf der Haben-Seite ist positiv. Der entscheidende Haken: "Wir können zwar sparen und unsere Einnahmen steigern, wie wir wollen. Wir bekommen aber fast alles wieder weggenommen", fasst Spies die ganze Misere zusammen. Von den 1,33 Millionen Euro bleiben Reinsfeld nämlich am Ende nur noch "läppische" (Spies) 115 000 Euro übrig. Das sind gerade einmal rund 8,5 Prozent der Einnahmen. Der große Rest fließt an den Kreis (36 Prozent) und die Verbandsgemeinde (45 Prozent) ab oder muss als Gewerbesteuer-Umlage (etwa 10,5 Prozent) an Bund und Land abgeführt werden. "Wir werden immer mehr zum Zahlmeister", kritisiert Spies. Ins gleiche Horn wie der Ortsbürgermeister bläst auch Paul Port, obwohl dies "nur selten vorkommt", wie der Fraktionschef der OWL betont. "Der Trend ist eindeutig. In den vergangenen drei Haushalten haben sich die Steuereinnahmen, die der Gemeinde verbleiben, Jahr für Jahr mehr als halbiert. Das ist eine systematische Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung von übergeordneter Stelle. Wenn wir nicht massiv gegensteuern, werden wir in naher Zukunft bestenfalls noch darüber zu entscheiden haben, in welcher Farbe wir die großzügig gespendete Parkbank streichen dürfen. Sonst nichts mehr", bemerkt Port sarkastisch."Es gibt auch Lichtblicke"

Parteiübergreifend ist deshalb in Reinsfeld der Ruf nach einer grundlegenden Gemeindefinanzreform besonders laut. "Diese Forderung kann ich nur unterstreichen", betont auch VG-Bürgermeister Michael Hülpes (CDU) in der Ratssitzung. Als "Tragödie" will Spies das aktuelle Defizit von rund 83 000 Euro jedoch nicht bewerten. "Es gibt auch Lichtblicke. Vielleicht haben wir im nächsten Jahr schon wieder einen ausgeglichenen Haushalt", hofft der Gemeindechef. Keine Zukunftsmusik, sondern Fakt ist, dass in Reinsfeld trotz der angespannten Kassenlage im Jahr 2006 viel investiert wird. Das beweist der Blick auf den Vermögenshaushalt, der ein stolzes Volumen von fast 1,4 Millionen Euro aufweist und die Kommune zu einer Neuaufnahme von Krediten in Höhe von 575 000 Euro zwingt. "Das sind aber alles Dinge, die wir auch so beschlossen haben", betonen Weist und Spies unisono. Abgeschlossen wird in diesem Jahr unter anderem der Endausbau im Neubaugebiet "Flachsheide I" und die Umgestaltung des Friedhofs. Außerdem will die Gemeinde ihre Attraktivität für Kinder und Familien steigern und lässt sich deshalb das Projekt "Spielleitplanung" (der TV berichtete bereits) zunächst 10 000 Euro kosten. Besonders ins Kontor schlagen jedoch zwei zentrale Vorhaben. Zum einen sollen 2006 mehrere Innerortsstraßen ausgebaut werden, wofür im Etat 260 000 Euro eingestellt sind. Zudem wird die Erschließung des Neubaugebiets "Flachsheide II" vorangetrieben. "Mitte des Jahres", sagt Spies, solle dort mit dem Vorstufenausbau, also mit dem Straßenbau und dem Verlegen von Wasser- und Abwasserleitungen, begonnen werden. "Insgesamt wird die Gemeinde im Neubaugebiet mit etwa 375 000 Euro in Vorlage treten", sagt Spies. Allerdings hoffen die Gemeindeväter, dass durch den Verkauf der Grundstücke rasch wieder Geld in die kommunale Kasse fließt.

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