Ehrgeizige Projekte, eingeschränkte Mittel

Konz · Die zweite Ladengasse im Roscheider Hof eröffnet an diesem Sonntag. Dann kann das Freilichtmuseum in Konz mit einer weiteren Attraktion glänzen. Doch Leiter Ulrich Haas und sein Team bewegen sich weiter in einem schwierigen Feld - zwischen ehrgeizigen Projekten und beschränkten Mitteln.

Konz. Jetzt fehlt nur noch der letzte Schliff. Am Sonntag, 24. März, eröffnet um 15 Uhr im Roscheiderhof die "Ladengasse 2". Dann können die Besucher zwölf großenteils historische Läden und Gewerbebetriebe anschauen - zum Beispiel den früheren Eisenwarenladen Herrmann, die Kunsthandlung Stoffels oder den Hutladen Hannappel, alle aus Trier. Mit der Eröffnung beginnt auch die Freiluftsaison im Volkskunde- und Freilichtmuseum bei Konz, und die Häuser im historischen Dorf werden wieder zugänglich.
Die Ladenstraße ist ein Baustein mehr für die Erinnerungskultur, die im Roscheiderhof gepflegt wird. Die Exponate in dem weitläufigen Gelände decken insgesamt einen Zeitraum ab vom Biedermeier gegen 1830 bis Ende der 1950er Jahre. Gezeigt wird, wie und in welcher Umgebung die Menschen der Region damals lebten.
Mehr als bloße Nostalgie


Die Lebensweise der Eltern, Großeltern und Urgroßeltern zu dokumentieren ist dabei alles andere als pure Nostalgie. Leiter Ulrich Haas geht es um etwas anderes - zu verdeutlichen, wie wenig selbstverständlich die moderne Normalität ist. Und auch: Wie mühsam in der Region das Leben war.
"Es gibt Dinge, auf die man heute gar nicht mehr kommt." Warum hatten die Häuser im historischen Dorf keine Toilette? Weil die draußen in der Kälte stand und natürlich ohne Wasserspülung auskam. Warum gab es kein fließendes Wasser? Auch, weil beim Ausguss der heute ganz selbstverständliche Geruchsverschluss noch nicht erfunden war. Der Roscheiderhof dokumentiert keine Idylle, so friedlich-abgeschieden er sich auch nach außen geben mag. Haas: "Es war eine Zeit, in der die Leute ausgepowert wurden bis zum Gehtnichtmehr."
Für die wichtigen Erinnerungen, die das Museum wachhält, sind die Mittel höchst bescheiden. Auf gerade mal 500 000 Euro beläuft sich der Jahresetat. 55 Prozent gehen an die insgesamt vier Stellen in Technik und Verwaltung. Die Möglichkeiten für freie Finanzspitzen sind gering, Kreditaufnahmen bleiben tabu. Sobald eine größere Reparatur fällig wird, beginnt eine Antragsprozedur. Staatsgelder gibt es normalerweise nur für Projekte, für Reparaturen ist nichts eingeplant - wie beim Dach. Bis jetzt wurde nur ein Teil erneuert.
"Der Regen ist unsere größte Sorge", sagt Ulrich Haas. Wenn der kommt, läuft Wasser ins Obergeschoss direkt über der neuen Ladengasse, und die Mitarbeiter brauchen Stunden, um die Etagen trockenzulegen. Die Reparatur kostet voraussichtlich mehrere Hunderttausend Euro - Geld, das man im Museum nicht hat.
Mittlerweile wurde der Betrag von der öffentlichen Hand "in Aussicht gestellt". Im Haushalt der Stadt Konz sind zumindest 372 000 Euro für das Projekt vorgemerkt. Wann das Geld fließt, steht jedoch noch nicht fest.
Museumsarbeit kostet Kraft


Trotz solcher Widrigkeiten - im Museum wird geplant und gestaltet. Das nächste Projekt versteckt sich in der großen Scheune direkt neben dem Museumsgebäude. Da muss ein neuer Fußboden her, die Wände müssen saniert, die Lampen erneuert werden. Dann könnten die landwirtschaftlichen Maschinen, die jetzt im Museum ein Schattendasein fristen, museumsgerecht ausgestellt werden.
"Die Museumsarbeit kostet eine Menge Kraft", sagt Ulrich Haas. Aber in diesem Satz klingt doch ein vorsichtiger Optimismus mit.
Meinung

Trügerische Idylle
Die Idylle in Hauptgebäude, im Rosengarten und im historischen Dorf ist anziehend, aber sie trügt. Das Freilichtmuseum Roscheider Hof kann nur durch ein enormes Maß an Arbeit und Organisationsfähigkeit bestehen. Mit einem Mini-Etat und enormem Engagement hat ein kleines Team unter einem ehrenamtlichen Leiter eine Einrichtung aufgebaut, die weit über das lokale Umfeld in die Großregion ausstrahlt. Die Planung und Realisierung von Projekten gleichen auf dem Roscheider Hof einem Drahtseilakt. Ausstellungs- und Event-Ideen müssen mit einem Minimum an Mitteln realisiert werden, und nur die Bereitschaft externer Personen oder Institutionen, Exponate zur Verfügung zu stellen, macht neue Projekte überhaupt umsetzbar. Mehr Finanzmittel zu fordern, ist in Zeiten von Schuldenbremse und Haushaltskonsolidierung fantasielos und unrealistisch. Aber etwas anderes wäre möglich: Den Ruf dieses in der Großregion einzigartigen Museums stärker zu verbreiten, in der Politik und über die Medien. Dann hat man im Roscheider Hof allen Grund zur Zuversicht. m.moeller@volksfreund.deExtra

 Übt sich in vorsichtigem Optimismus: Museumsleiter Ulrich Hass. TV-Foto: Martin Möller

Übt sich in vorsichtigem Optimismus: Museumsleiter Ulrich Hass. TV-Foto: Martin Möller

Gegründet 1975 durch Rolf Robischon Leiter seit 1985: Ulrich Haas Rechtsform: Trägerverein Mitarbeiterstellen: Vier, hinzu kommen ehrenamtliche Mitarbeiter in wechselnder Zahl Etat: 500 000 Euro, davon etwa 55 Prozent Personalkosten Öffentliche Zuschüsse: circa 190 000 Euro, weitere Finanzierung aus Mitgliedsbeiträgen des Trägervereins (1000 Mitglieder), Eintrittsgeldern, Vermietungen und Pacht für die Gaststätte Ausstellungsfläche (im Gebäude): 4000 Quadratmeter Besucher: Gut 60 000 pro Jahr. Tendenz leicht steigend Zeitrahmen der Exponate Ladenstraße: von etwa 1940 bis 1960 Zeitrahmen der Exponate insgesamt: circa 1830 bis 1960 mö

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