Fast 1000 Jahre Streit zwischen Dörfern

Saarburg · "Vertraute Fremde" - lautet das Thema, das Schüler für den bundesweiten Geschichtswettbewerb bearbeitet haben. Mehr als 5000 Teilnehmer reichten 1321 Arbeiten ein. Unter den Preisträgern: zwei Schüler des Saarburger Gymnasiums.

 Isabelle Remmel und Pascal Marijan beschäftigen sich in ihren Arbeiten mit Spannungen zwischen Nachbardörfern. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Isabelle Remmel und Pascal Marijan beschäftigen sich in ihren Arbeiten mit Spannungen zwischen Nachbardörfern. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Saarburg. Was bedeutet es, wenn Grenzen zwischen Orten und Menschen verlaufen?. Isabelle Remmel (19) aus Orscholz und Pascal Marijan aus Wiltingen (18), zwei Schüler des Gymnasiums Saarburg mit Leistungskurs Geschichte, haben die Entwicklungen in ihrer unmittelbaren Heimat für den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten untersucht - und wurden mit einem Landespreis und einem Förderpreis belohnt.
"Als Geschichtslehrer habe ich Wege zum wissenschaftlichen Arbeiten aufgezeigt, Quellen genannt und Literaturtipps gegeben", erklärt Pädagoge Alfons Philippi. Die Juroren der Körber- Stiftung, die den Wettbewerb ausrichtet, testen die Arbeiten auch auf Plagiatsversuche. Mehr als 5000 Schüler wollten mit 1321 Arbeiten Landes- und Förderpreise gewinnen.
Nachkriegszeit im Saargebiet


Isabelle Remmel lebt in Orscholz. Der Ort im Saarland war bei Kriegsende stark umkämpft. In Heimatforscher Albert Enderlein fand die 19-Jährige einen starken Unterstützer für ihre Beschreibungen der Spannungen zwischen Weiten im Saargebiet und Freudenburg in Rheinland- Pfalz. Sie sprach mit Zeitzeugen, auch im Seniorenzentrum St. Franziskus Saarburg, die den Zeitraum ab 1945 noch gut in Erinnerung haben, bis 1959 aus dem Saargebiet das bundesdeutsche Saarland wurde.
Ihr Fazit: "In diesem Zeitraum haben sich die Menschen nicht auseinandergelebt." Das belegt Isabelle sogar mit historischen Fotos. Für sie sei es wichtig für die eigene Identität, Verständnis für das Verhalten der Vorfahren zu gewinnen.
Isabelles Studienwunsch der Rechtspflege hat nur bedingt etwas mit Geschichte zu tun: "Ich hoffe, dass auch hier die Vergangenheit eine Rolle spielt."
Konflikt geht auf 1036 zurück


Das Titelbild der Arbeit von Pascal Marijan aus Wiltingen zeigt den Vorhang des Theaterstücks "Flucht nach Ägypten". Die Geschichte dahinter ist dem 18- Jährigen sehr wichtig: "Da haben Wiltinger Nazis für ein Theaterstück geworben, das in Ober-emmel nie aufgeführt wurde und verschwanden dann mit den Eintrittsgeldern." Pascal kann den Konflikt zwischen den beiden Dörfern mit einer Urkunde aus dem Jahr 1036 belegen, in der es um einen Wegestreit geht.
Doch während des NS-Regimes entwickelte sich Wiltingen zu einer Hochburg des Unrechtsstaates, und die Streitigkeiten eskalierten. "Schlägertrupps vertrieben die Juden und zerstörten die Synagoge", weiß der Geschichtsschüler. Der Oberemmeler Pastor Hartmann musste von den Gläubigen vor den braunen Horden geschützt werden.
Auch Pascal sprach mit Zeitzeugen. Unterstützt wurde er dabei vom gelernten Historiker Thomas Müller. "Nur die Vergangenheit erklärt die Gegenwart", lautet sein Leitmotiv für diese Arbeit. Sein Berufswunsch steht noch nicht fest.
Beide Preisträger pauken jetzt fürs Abitur. "Im Fach Geschichte musst du nicht nur Daten und Fakten drauf haben, sondern auch Zusammenhänge erkennen und deuten können", weiß Pascal.
Die besten Arbeiten des Wettbewerbs werden noch einmal auf Bundesebene bewertet. "Vielleicht kommt ja noch einmal Post von der Körber-Stiftung", hofft Geschichtslehrer Philippi. doth
Extra

Die Körber-Stiftung wurde 1959 vom Unternehmer Kurt A. Körber ins Leben gerufen. Sie richtet den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten aus, der als größter Forschungswettbewerb im historischen Bereich für junge Menschen in Deutschland gilt. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort