Kommandos wüteten in Hinzert - Uni Trier präsentiert Forschungsergebnisse zur Gestapo

Hinzert-Pölert · In der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert haben Studierende der Universität Trier ihre jüngsten Gestapo-Forschungsergebnisse vorgestellt. Die Trierer Behörde war auf vielfältige Art in das Terrorregime des Nationalsozialismus verstrickt.

 Beate Welter, Leiterin der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert, mit den Referenten der Uni Trier: Projektleiter Thomas Grotum sowie Ksenia Stähle, Hannes Brogmus und Justus Jochmann (von links). TV-Foto: Ursula Schmieder

Beate Welter, Leiterin der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert, mit den Referenten der Uni Trier: Projektleiter Thomas Grotum sowie Ksenia Stähle, Hannes Brogmus und Justus Jochmann (von links). TV-Foto: Ursula Schmieder

Foto: Ursula Schmieder (urs) ("TV-Upload Schmieder"

Hinzert-Pölert. Nicht nur in Trier oder Luxemburg verhörte und drangsalierte die Geheime Staatspolizei (Gestapo) Menschen. Für das NS-Regime vernahm sie auch Inhaftierte des SS-Sonderlagers/KZ Hinzert. Wen die Behörde etwa im Visier hatte und welche Druckmittel sie nutzte, erfuhren etwa 50 Besucher der Gedenkstätte. Studierende der Uni Trier berichteten dort zum dritten Mal von ihrem Forschungsprojekt (siehe Extra).

Die Erkenntnisse von Ksenia Stähle, Hannes Brogmus, Justus Jochmann und Kerstin Schmitt interessierten Bürger, Polizeibeamte und die Trierer Staatsanwaltschaft. Allerdings ebenfalls als Zuhörer. Denn laut Gedenkstätten-Leiterin Beate Welter wird "auf Initiative und mit Unterstützung" der Behörde geforscht, was unter anderem auch den Leitenden Oberstaatsanwalt Peter Fritzen in den Hochwald führte.

Bei den Recherchen der Studierenden taucht laut Projektleiter Thomas Grotum der Name Hinzert immer wieder auf. Gestapo-Vernehmungskommandos hätten öfter in Hinzert "gewütet", so der Historiker. Dass selbst banale Aktenfunde hilfreich sein können, belegen Listen wie über Kosten für Miete oder Strom. Sie zeigen, wo überall die Gestapo Räume nutzte. In Trier zählten dazu die Kochstraße 3, die Kronprinzenstraße 5 und die Hindenburgstraße 9. Was die Uni-Forscher aber vordringlich interessiert, sind etwa Ermittlungsakten oder Verhörprotokolle.

Ksenia Stähle befasste sich mit dem Schicksal ehemaliger Fremdenlegionäre. Je nachdem, ob sie vor oder nach 1936 zurückkehrten, wurden sie sehr unterschiedlich empfangen. In späteren Jahren wurden sie generell der Spionage verdächtigt und landeten im KZ Hinzert oder im KZ Kislau nahe Bruchsal.

In aller Regel zwar nur für vier Wochen, wie Stähle herausfand. Doch vor ihrer Freilassung mussten sie sich verpflichten, ihren Aufenthaltsort nicht zu wechseln, und sich beruflichen Einschränkungen wie der Einstufung als "wehrunwürdig" unterwerfen. Auch hinterher seien sie immer wieder eingeschüchtert oder verhört worden.
"Sie standen unter großem Druck", machte sie am Beispiel zweier Männer aus der Region deutlich. Einem aus Mesenich und einem aus Konz, der nach Kinderbeuern bei Wittlich wollte. Der eine sei nur sechs Tage inhaftiert gewesen, aber über längere Zeit immer wieder vernommen worden. Bei dem anderen habe sich erst Jahre später gezeigt, dass er seine Legionärszeit vortäuschte, um nicht wegen fehlender Papiere inhaftiert zu werden.
Nicht Gegenstand der aktuellen Forschung waren Fremdenlegionäre, die um 1941 in Hinzert inhaftiert waren. Laut Welter wird hier von insgesamt 800 bis 1000 Männern ausgegangen. Möglicherweise waren sie verschleppte Kriegsgefangene.Extra

Zu dem Forschungsprojekt "Die Gestapo Trier in der Christophstraße 1" bewog der Umzug der Trierer Staatsanwaltschaft. Im Oktober 2011 zog sie in das frühere Reichsbahngebäude, in dem von 1935 bis 1944 die Gestapo saß. Studierende stellten nun zum dritten Mal Ergebnisse öffentlich vor. 2013 und 2014 berichteten sie unter anderem über Schicksale sogenannter Rundfunkverbrecher, die zur NS-Zeit verbotene Sender hörten, oder von sogenannten "Eindeutschungspolen". Im SS-Sonderlager/KZ Hinzert kamen nachweislich 321 Menschen ums Leben. Tatsächlich waren es aber wohl weit mehr, die dort ermordet wurden oder an den Folgen von Lagerterror, Krankheit, Entkräftung oder Hunger starben. Darunter viele Männer aus Luxemburg, Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Polen.

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