Kreis will Familien besser helfen

Konz · Wenn Eltern mit der Erziehung überfordert sind, können ihnen ihre Kinder im Extremfall entzogen werden. Mit einem neuen Konzept will das Kreisjugendamt solchen Fällen vorbeugen, indem es lokale Institutionen besser vernetzt und neue Anlaufstellen einrichtet.

Konz. Es ist ein Horrorszenario für viele Kinder: Sie leiden unter Vernachlässigung, weil ihre Eltern mit der Erziehung überfordert sind, Alkohol- oder Drogenprobleme haben. Bisweilen müssen sie sogar in einem Heim oder in einer Pflegefamilie untergebracht werden.
Das Jugendamt im Kreis Trier-Saarburg möchte dem in Zukunft mit einem neuen Konzept besser entgegenwirken. Der Kreistag hat beschlossen, in der Stadt Konz und in der Verbandsgemeinde Schweich Testprojekte in der Jugendhilfe zu starten (der TV berichtete). So wird dort die sogenannte sozialraumorientierte Jugendhilfe getestet. Die Projekte laufen Anfang August an. Das Konzept orientiert sich an einem saarländischen Vorbild. Im Saarland wurden mit der neuen Arbeitsweise gute Erfahrungen gemacht. Ende 2012 wird die Situation untersucht - und gegebenenfalls das Modell auf den gesamten Kreis übertragen.
Die Probleme, mit denen Kinder und Jugendliche in ihren Familien konfrontiert werden, sind breit gefächert. Es sind nicht nur die Härtefälle, in denen Eltern oder Jugendliche selbst oder mittelbar von Alkohol- oder Drogenabhängigkeit betroffen sind. Oft seien junge Eltern mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert, weil sie sehr unerfahren seien oder wegen Berufstätigkeit wenig Zeit hätten, sich um die Kinder zu kümmern, sagt Martina Scheid, stellvertretende Leiterin des Kreisjugendamtes.
Zweck des neuen Konzeptes ist, Ressourcen im sozialen Raum stärker zu nutzen, indem auf die Bedürfnisse der Betroffenen stärker eingegangen wird. Außerdem sollen Institutionen vor Ort besser zusammenarbeiten. Der soziale Raum ist das Umfeld, in dem sich ein Kind oder Jugendlicher bewegt. "Dabei sollen etwa die Schulen, aber auch ehrenamtliche Angebote wie die Sportvereine oder die Jugendfeuerwehren stärker eingebunden werden", sagt Andreas Beiling, Leiter des Kreisjugendamtes. Für die Kontaktarbeit, die bisher keinen festen Platz im Etat hat, steht von nun an gezielt Geld zur Verfügung. Wird mit effizienterer Erziehungshilfe Geld gespart, könnte der Umfang der Mittel dafür auch noch steigen. Den freien Trägern soll so die Angst genommen werde, sich den eigenen Etat zusammenzuschrumpfen.
Die Umstellung bedeutet dabei mehr als nur eine kleine Nachjustierung des bestehenden Systems der Jugendhilfe, nämlich die inhaltliche, finanzielle und personelle Neuorganisation vor allem der ambulanten und teilstationären "Hilfen zur Erziehung".
"Dabei arbeiten wir in Zukunft nur noch mit einem Träger oder einer Trägerstruktur zusammen", sagt Beiling. Derzeit laufen die Kooperationsverhandlungen mit entsprechenden Bewerbern. Wenn es zu einer Einigung kommt, müsse der Kreistag noch zustimmen - das geschieht frühestens Ende August.
Während der Testphase werden laut Beiling lokale Anlaufstellen eingerichtet, die er vorläufig "Sozialraumzentren" nennt. Dort sollen hilfesuchende Eltern einen ersten Ansprechpartner finden. "Das sind erfahrene Fachkräfte, die versuchen können, in ersten Beratungen schon einiges abzufangen", sagt Scheid. "Ansonsten kann dieses Team dann zusammen mit Mitarbeitern des Jugendamtes weitergehende Hilfen organisieren."
Dabei wolle man weg von bisher eher starren individuellen Hilfen: "Vielleicht schicken wir nicht fünf Helfer in fünf Familien mit letztlich der gleichen Problemlage, sondern versuchen, die Betroffenen untereinander zu vernetzen - etwa in einer eigenen Gruppe, wo sie sich unter Anleitung austauschen können."
Beiling: "Das Jugendamt kauft künftig nicht mehr ein komplettes Tagesangebot als Paket, sondern das Angebot wird in viele Module aufgesplittet wie Hausaufgabenbetreuung, Mittagessen, pädagogische Arbeit, Elternarbeit. Dann wird konkret geschaut, was das Kind eigentlich braucht."
Das Geld, das derzeit für die Jugendhilfe eingesetzt wird, steht komplett für das neue Konzept zur Verfügung (Gesamtetat Konz 2011: etwa 580 000 Euro). 85 Prozent davon werden benutzt, um 5,5 Stellen zu finanzieren. Die restlichen 15 Prozent gehen an den Allgemeinen Sozialen Dienst des Jugendamtes.

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