Zwei unterschiedliche Wege bei der Windkraft

Hermeskeil/Kell am See · Sowohl der Hermeskeiler als auch der Keller Verbandsgemeinderat haben aktuelle Beschlüsse in Sachen Windkraft gefasst. Hermeskeil setzt auf einen Solidarfonds. Mit ihm sollen die Pachteinnahmen für künftige Räder gerecht verteilt werden. Die Keller gehen einen anderen Weg: Sie wollen die Windanlagen in eigener Regie betreiben und dafür eine Anstalt des öffentlichen Rechts gründen.

Hermeskeil/Kell am See. Als Folge der Atomkatastrophe in Japan und der damit verbundenen Energiewende in Deutschland spielt seit einem Jahr die Diskussion um neue Windparks eine herausragende Rolle in den Räten der beiden Hochwald-Verbandsgemeinden (VG) Hermeskeil und Kell. Hier wie dort haben viele Orte in der Zwischenzeit deutlich gemacht, dass sie sich weiße Riesen auf ihrem Gebiet wünschen. In beiden VG wird deshalb an einer Änderung des jeweiligen Flächennutzungsplans gearbeitet. Welche Stellen für die künftige Erzeugung von Windenergie ausgewiesen werden, ist jedoch noch nicht ausgemacht. Beide VG haben zunächst Fachgutachter beauftragt. Sie prüfen zurzeit alle Vorschläge. Sowohl in Kell als auch in Hermeskeil sollen im Frühjahr 2012 die Experten-Ergebnisse vorliegen. Dann ist klar, welche Zonen beispielsweise aus Artenschutzgründen oder wegen der Auswirkungen auf das Landschaftsbild für die Aufstellung von Windrädern ausscheiden. Erst danach wird es in beiden VG konkret um die Frage nach den künftigen Windkraftstandorten gehen. "Momentan gibt es nur Wahrscheinlichkeiten, aber noch keine Gewissheiten", sagt der Hermeskeiler Bürgermeister Michael Hülpes (CDU).
Gleichwohl haben sowohl in Kell als auch in Hermeskeil die Räte in ihren jüngsten Sitzungen wichtige Entscheidungen beim Thema Windkraft gefällt.
Das machen die Hermeskeiler: Ohne Gegenstimme hat der Rat dort den Vertragsentwurf zum sogenannten Solidarfonds Windenergie gebilligt. Die Orte in dieser VG favorisieren die Pachtlösung. Das heißt: Investoren aus der Branche wollen auf ihren Gebieten Räder aufstellen. Die Investoren betreiben auch die Räder, bezahlen den Landeigentümern aber Geld. Damit aber auch Gemeinden, die keine Chance auf eigene Räder haben, nicht leer ausgehen, soll ein großer Topf gebildet werden (siehe Extra 1).
Der Vertrag zum Solidarfonds soll zum 1. April in Kraft treten. Elf von 13 Ortsgemeinderäten haben dem Vertragsentwurf schon zugestimmt. Nur in Hinzert-Pölert und Reinsfeld steht diese Entscheidung noch aus.
Das machen die Keller: Einen ganz anderen Weg beschreitet dort der VG-Rat beschreiten. Mit Ausnahme von SPD-Mann Wolfgang Schäfer - er wandte sich aus prinzipiellen Gründen dagegen, "dass man in unserer Heimat die Höhenlagen so massiv mit Windrädern zubauen will" - hat das Gremium die Gründung einer Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) beschlossen. Mit dieser Organisationsform plant die VG Kell, in eigener Regie Windräder zu betreiben. Diese sollen von Anlagenherstellern geliefert und sozusagen "schlüsselfertig" errichtet werden. Vorbild ist dabei die VG Wörrstadt in Rheinhessen, die ein solches Modell bereits in die Tat umgesetzt hat. Die Investitionskosten - sie liegen geschätzt bei 45 Millionen Euro - müssen zwar hundertprozentig über Banken finanziert werden. Er gehe aber davon aus, dass diese Kredite der AöR auch genehmigt werden, weil die Banken Windkraftanlagen als sichere Anlageform ansehen, so der Wirtschaftsprüfer Hans-Peter Hans im VG-Rat. Als Betreiber eigener Räder rechnen die Keller mit einem jährlichen Gewinn von drei Millionen Euro (siehe Extra 2). Dieses Geld soll zum Abbau der VG-Schulden verwendet werden. Die Windkraft soll - das ist das erklärte Ziel - so zum Argument für das Überleben der VG Kell werden, die durch die Kommunalreform des Landes bedroht ist. "Wir wollen uns am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen. Dann kann man uns nicht einfach auflösen", so der Keller Ortsbürgermeister Markus Lehnen (CDU) in der VG-Ratssitzung.
Die geplante AöR wird nun allen 13 Ortsgemeinderäten mit der Bitte um einen Beitritt vorgestellt. Mit dieser Runde soll ab 13. März begonnen werden. Da noch etliche Detailfragen zu klären sein werden, ist die Gründungsversammlung der AöR aber erst in etwa einem halben Jahr vorgesehen.
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In Hermeskeil wird mit der Errichtung von 20 Windrädern mit einer jährlichen Pachteinnahme von 40 000 Euro gerechnet. So kämen insgesamt 800 000 Euro zusammen. 75 Prozent davon behalten die Ortsgemeinden, auf deren Gebiet sich die künftigen Räder drehen. 25 Prozent - also 200 000 Euro - kommen in den großen Topf des Solidarfonds. Von diesem Geld bleiben drei Viertel - also 150 000 Euro - in der VG-Kasse. Das Geld soll für die Senkung der Umlage und damit die finanzielle Entlastung aller 13 Ortsgemeinden genutzt werden. Die restlichen 25 Prozent - also 50 000 Euro werden an die Gemeinden verteilt, die wie Damflos oder Züsch voraussichtlich keine Chance auf eigene Räder haben. axExtra

Räder in Eigenregie: In Kell wird von zehn Windrädern ausgegangen. Der Bau eines Rads kostet 4,5 Millionen Euro. Diese Investition müsste komplett über eine Bank finanziert werden. Nach der Beispielrechnung des Keller Gemeindechefs Markus Lehnen hätte die AöR bei einem Zinssatz von 2,94 Prozent und einer Kreditlauflaufzeit von 15 Jahren pro Jahr etwa 370 000 Euro für Zins und Tilgung aufzubringen. Demgegenüber stehen aber pro Anlage durch die Erzeugung und den Verkauf von Strom geschätzte Einnahmen von 720 000 Euro pro Jahr. Das würde vor Steuern einen Gewinn von 350 000 Euro pro Anlage bedeuten. Bei zehn Anlagen sind das 3,5 Millionen Euro. Allerdings werden in der Beispielrechnung noch 400 000 Euro für die Pacht abgezogen, die den Standortgemeinden künftiger Windräder gezahlt wird. Außerdem muss noch Geld für die Wartung ausgegeben werden, so dass insgesatm mit einem Jahresgewinn von drei Millionen Euro für die AöR gerechnet wird. Zu bedenken ist aber, dass die AöR auch das gesamte Risiko und die Haftung beim Betrieb der Anlagen trägt. ax

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