Aufgeschlagen - Neue Bücher

Ein nackter Mann sitzt in einem Hotelzimmer und trinkt Champagner. Er hat nur noch zehn Minuten zu leben.

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Foto: (g_kultur

Neben ihm stehen finstere Gesellen mit Pistole, die ihm die Wahl lassen, seinen Tod wie einen Selbstmord oder wie einen Unfall aussehen zu lassen. Bei Option eins könne er Reue zeigen und sich teilweise rehabilitieren, bei Option zwei würde er moralisch verurteilt werden, aber seine Familie wäre durch die Lebensversicherung versorgt. Sein Vergehen: Er hat Steuerdaten gestohlen. Szenenwechsel. In Kapitel zwei tritt der eigentliche Held der Geschichte auf. Kilian Barthelemes, ein angesehener, gut aussehender Trierer Steuerfahnder. Zumindest am Anfang. Doch dann wird er selbst der Steuerhinterziehung beschuldigt, verliert seinen Job und sein Haus, die Ehe ist ohnehin schon kaputt. Doch eigentlich geht es in den 350 Seiten von "Der Spiegeltanz" von Patrick Moroder um eine fingierte Steuer-CD. Die jubelt der zu Unrecht beschuldigte Barthelemes, der mittlerweile in Luxemburg einen neuen Job hat und unerwartet viel Geld erbt, den deutschen Steuerbehörden unter. Darin enthalten sind die Namen vieler Prominenter aus Politik, Sport und Showbusiness, die angeblich Schwarzgeld im Ausland bunkern. Unterstützt wird er dabei von einem Schweizer und einem Luxemburger Banker. Seine Kontaktperson ist eine junge unerfahrene Staatsanwältin, die sich aber im Lauf der Geschichte zur Expertin mausert. Ihr Chef wittert seine große Karriere-Chance, bei anderen macht sich Nervosität breit. Den Medien werden Bauernopfer präsentiert. Dazwischen gibt es detaillierte Beschreibungen, mit welchen Tricks man Steuern am Fiskus vorbeischleusen kann und mit welchen Raffinessen Barthelemes den Betrug durchzieht. Das ist mitunter unglaubwürdig, manchmal langatmig und etwas verwirrend. Die Erläuterung gibt es erst auf den letzten Seiten. Verstörend ist die Tatsache, dass in der Handlung Steuerhinterziehung eher als Kavaliersdelikt dargestellt wird, und sich der Held auch den Diensten der finsteren Gesellen aus der ersten Szene und ihren ziemlich ungesetzlichen Methoden bedient, um letztendlich diejenigen zu bestrafen, die ihm Unrecht zugefügt haben. Nora John Patrick Morode: "Der Spiegeltanz", SWB Verlag, 360 Seiten, 12,60 Euro.

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