Siegestaumel und Triumphgeschrei

Luxemburg · Etwa 900 Zuhörer haben begeistert Andris Nelsons und dem Mahler Chamber Orchestra in der Luxemburger Philharmonie applaudiert. Heroisches stand auf dem Programm. Als Solist war Trompetenstar Håkan Hardenberger mit dabei.

 Håkan Hardenberger glänzt in HK Grubers zeitgenössischem Stück „Busking“. Foto: Philharmonie/Sébastien Grébille

Håkan Hardenberger glänzt in HK Grubers zeitgenössischem Stück „Busking“. Foto: Philharmonie/Sébastien Grébille

Luxemburg. Beethoven hätte wahrscheinlich seine helle Freude an ihm gehabt. Die Arme erhoben, die Hände zu Fäusten geballt, geradezu beschwörend steht Andris Nelsons vor dem Orchester, wenn es im letzten Satz von Ludwig van Beethovens 7. Symphonie zum großen Triumphgeschrei ansetzt. Was vermögen in solchem Siegestaumel schon ein paar schrille Untertöne, die an das Grauen erinnern, das Siegen gemeinhin vorausgeht?
Der junge lettische Dirigent, um den sich derzeit alle Welt reißt, ist kein Mann der sparsamen Geste, keiner, der mit seinen Gefühlen haushälterisch umgeht und mit Herzblut spart. Einmal mehr war das in Luxemburg zu erfahren: Nelsons ist nicht nur hochtalentiert - der 33-jährige Musiker lebt auch in seiner Musik, die Begeisterung für sie reißt ihn förmlich fort, wenn er oben auf dem Pult steht und mit Händen und Füßen im besten Sinn sein Orchester leitet. Dabei dirigiert er sorgfältig und mit großem Ernst.
Die Leidenschaft des Dirigenten überträgt sich auf sein Orchester. Mit unbändiger Lust sind die 45 Musiker des Mahler Chamber Orchestra, eines Reiseorchesters mit Residenzen in Italien, Deutschland und der Schweiz, bei der Sache. Vor allem die Streicher fallen mit kräftigem Strich auf.
Das Luxemburger Programm ist wie gemacht für Nelsons Temperament. Gleich mit Getöse und heroischem Kampfgetümmel beginnt der Abend in Beethovens Egmont-Ouvertüre. Nelson langt kräftig zu. Ein wenig zu kräftig vielleicht. Überhaupt scheint sein überbordendes Temperament dem Letten schon mal zur Stolperfalle zu werden. Die langsamen Sätze und Passagen, die feine subtile Ausdeutung sind sein Ding nicht, wie sich auch in Beethovens Symphonie und später bei Haydn zeigt. Die Tutti, der große Zusammenklang, das Rasen und Toben, das Neckische und Übermütige, das ist Nelsons Ding.
Allegro wird zum Bravourstück


Als Solist haben die Musiker den etwas erkälteten Håkan Hardenberger mitgebracht. Mit Joseph Haydns Trompetenkonzert in Es-Dur hat der Musiker ein Paradestück aller Trompeter dabei. Das strahlende Allegro gerät ihm zum Bravourstück. Ausdrucksvielfalt, Vielstimmigkeit und Vielfarbigkeit der Trompete wie ihres Solisten waren in HK Grubers zeitgenössischer Komposition "Busking" für Trompete, Akkordeon, Banjo und Streicher zu hören. Ein Stück aus Versatzstücken von Jazz, Folk und moderner Musik von Eisler bis Strawinsky, organisiert im Regelwerk klassischer Satztechnik. Auch hier blieben der schwungvolle Kopfsatz und der letzte Satz die Stars. Ein wenig unter ging das Akkordeon.
Am Ende: Viel Schlussapplaus. er

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