Trier. Als habe er die Geschichte vollständig verinnerlicht, trägt Christoph Ransmayr dem Publikum im großen Saal der Tufa aus seinem Roman vor. "Die letzte Welt" folgt den Spuren Ovids, der nach Tomi am Schwarzen Meer verbannt worden war.
Der Saal ist fast voll: Viele Liebhaber der Literatur Ransmayrs wollen hören, wie der Autor seine poetisch dichte Erzählung vorträgt, die im Erscheinungsjahr 1988 Kritiker zu Lobeshymnen veranlasst hatte. Das Zeitalter des römischen Dichters wird in dem Roman mit einer undefinierten Gegenwart vermengt. Es ist ein zeitloses Stück Literatur - zeitlos gut.
Ganz in Schwarz gekleidet verschwindet der Autor auf der dunklen Bühne hinter seiner Literatur. Die Stimme, der Tonfall sind eindringlich präsent. Und als Ransmayr dann mit seiner bildhaft-rhythmischen Sprache von der ungeheuren Rede berichtet, die der römische Dichter vor Kaiser Augustus, "Imperator und Held der Welt", hält, wähnt sich der Zuhörer selbst in jenem Stadion, in dem sich der Skandal zuträgt.
Lange Schlange am Signiertisch

Dreimal muss Ransmayr nach der Lesung erneut auf die Bühne, das Publikum hört nicht auf zu applaudieren. Danach reihen sich zahlreiche Fans in die Schlange vor dem Tisch, an dem der Autor zum Signieren Platz genommen hat. Auch einige Zwölftklässler des Humboldt-Gymnasiums reichen dem 57-Jährigen ihre Schullektüre: Sie besprechen "Die letzte Welt" derzeit im Unterricht.
Dem Gymnasium ist auch der Besuch Ransmayrs zu verdanken: Anlässlich des Ovid-Fests, mit dem der Abschluss des Europäischen Comenius-Schul-Projekts gefeiert wird, wurde der Österreicher eingeladen.