Migration Land chartert Flugzeug für Abschiebung

Im Juni hat Rheinland-Pfalz 25 Asylbewerber nach Italien ausfliegen lassen. Das zuständige Ministerium fordert vom Bund mehr Sammelflüge.

 Gegen die Abschiebepraxis der Behörden wendet sich dieses Protesttransparent.

Gegen die Abschiebepraxis der Behörden wendet sich dieses Protesttransparent.

Foto: dpa/Christian Charisius

Von Bernd Wientjes

Mainz Statt von Abschiebungen hat man im rheinland-pfälzischen Integrationsministerium bisher lieber von Rückführungen gesprochen. Und wenn Asylbewerber das Land verlassen müssen, dann, so die Maxime, der grünen Integrationsministerin Anne Spiegel, sollten die Menschen das doch freiwillig tun. Vielleicht noch dadurch angereizt, dass man ihnen ein kleines Startkapital für die Rückkehr in die Heimat mit gibt.

Doch dass sich die Haltung zu ausreisepflichtigen Asylbewerbern in der Landesregierung geändert hat, hat sich bereits im Mai gezeigt, als Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) mehr vom Bund organisierte Abschiebeflüge gefordert hat. In der Regel werden ausreisepflichtige Asylbewerber in sogenannten Sammelfügen in ihre Heimatländer gebracht.

Erstmals hat nun Rheinland-Pfalz einen eigenen solchen sogenannten Rückführungsflug zusammen mit der Bundespolizei organisiert. Das geht aus einer Antwort von Integrationsstaatssekretärin Christiane Rohleder (Grüne) auf eine Kleine Anfrage der CDU-Landtagsabgeordneten Mattias Lammert und Adolf Kessel hervor. Demnach wurden Anfang Juni 25 Asylbewerber im Auftrag des Landes nach Italien geflogen. Welcher Herkunft die Abgeschobenen waren, geht aus der Antwort nicht hervor. Es handelt sich wohl um Asylbewerber, die in Italien als erstem EU-Land angekommen sind, dort aber, anders wie im sogenannten Dublin-Abkommen vorgeschrieben, dort kein Asyl beantragt haben, stattdessen aber in Deutschland. Nach dem Abkommen müssen Flüchtlinge in dem EU-Land Asyl beantragen, in das sie zuerst eingereist sind, und können auch dorthin abgeschoben werden.

Solche vom Land initiierten Flüge könnten eine „sinnvolle Ergänzung“ zu den Sammelflügen des Bundes sein, heißt es in der Antwort Rohleders. Der Bund sehe jedoch „leider“ keine Möglichkeit, in den nächsten Monaten „erneut eine derartige Maßnahme durchzuführen“. Rohleder verweist darauf, dass die Organisation von Sammelrückführungen in erster Linie Aufgabe des Bundes sei und betont, dass ein „weitergehender Bedarf“ dafür bestehe.

Angemeldet für solche Flüge werden ausreisepflichtige Asylbewerber aus Rheinland-Pfalz von der Zentralstelle für Rückführungsfragen in Trier. Diese hat nach Angaben Rohleders von Juni vergangenen Jahres bis Juni 2018 insgesamt 607 Personen für solche Sammelflüge angemeldet. Allein in diesem Jahr habe es bis zu dem Zeitpunkt 466 Anmeldungen gegeben. Tatsächlich abgeschoben worden seien jedoch nur 163, die meisten davon nach Armenien, gefolgt von Georgien, Serbien und Albanien. Unter den Abgeschobenen befanden sich nach Angaben des Ministeriums auch sechs Straftäter, einer verließ das Land freiwillig.

Dass weniger als die angemeldeten ausreisepflichtigen Asylbewerbern abgeschoben worden seien, begründet die Staatssekretärin damit, dass die Sammelflüge regelmäßig zu 100 Prozent überbucht seien, um zu verhindern, dass Plätze frei blieben, wenn etwa Flüchtlinge gegen die Abschiebung vorgegangen, plötzlich erkrankt, nicht angetroffen worden seien oder so erheblichen Widerstand geleistet hätten, dass sie nicht zum Flughafen oder ins Flugzeug gebracht werden konnten. Ein Pilot kann sich weigern, einen randalierenden Asylbewerber mitzunehmen. Das bedeutet: Die Bundesländer melden für die Flüge immer mehr ausreisepflichtige Asylbewerber an, als es Plätze im jeweiligen Flugzeug gibt.

Insgesamt lebten im Juni 6520 Asylbewerber im Land, die abgeschoben werden sollen. Die meisten davon (1062) stammen aus Afghanistan, Armenien (500), Pakistan (455), Kosovo (437), Serbien (366), Aserbaidschan (355) und Somalia (332). Aus Syrien stammen 196 ausreisepflichtige Flüchtlinge. Doch gerade mit Abschiebungen in Länder wie Afghanistan ist das Land zurückhaltend, weil Flüchtlingen dort Folter und Tod drohten. Abschiebungen in das Bürgerkriegsland Syrien sind in der Regel tabu, es sei denn es handelt sich um straffällige Asylbewerber aus dem Land. Für Somalia fehlten laut Ministerium oft die nötigen Papiere.

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