Dem Hangrutsch keine Chance

BERNKASTEL-WITTLICH. Der Trierer Geograph Richard Ladwein hat ein Verfahren entwickelt, um oberirdische Gefahren wie Hangrutsche im Vorfeld zu ermitteln. Das mache die Planung von Straßen und Baugebieten sicherer und billiger, sagt nicht nur Ladwein. Wissenschaftler und Fachleute vor Ort sind ebenfalls dieser Meinung.

Auf den Hang gegenüber von Zeltingen-Rachtig, an dem der Hochmoselübergang entstehen soll, stieß Richard Ladwein per Zufall bei Arbeiten in der Nähe. Er beobachtete, wie der Hang nach Rutschen gesichert wurde und das Erdreich dennoch nachrutschte. Eine Sicherungsmauer wurde gebaut. Nach Ladweins Überzeugung eine unzureichende Maßnahme. "Hier werden Symptome behandelt, nicht die Ursachen." Der Geograph wandte auf den Hang sein auf geomorphologischen Daten beruhendes Verfahren an."Starke Hangprozesse bei Rachtig zu erwarten"

Auf der daraus resultierenden Ladwein-Karte (siehe Bild links oben) sind die Schwachstellen in rot zu erkennen. Ladwein: "Bei entsprechenden Niederschlägen - und diese werden aufgrund von Klimaveränderungen wohl immer häufiger in heftiger Form auftreten - sind dort sehr starke Hangprozesse zu erwarten, mit denen niemand gerechnet hat." Nicht nur für Hangsicherungen könnte die Ladweinsche Analyse interessant sein, sondern auch für die Planungen zum Hochmoselübergang. Ladwein, der das geologische Gutachten für den Straßenbau kennt, sagt: "Das Gutachten ist in Ordnung, doch sollte man genauer hinschauen, so wie es meine Methode tut." Dann könne für weitere Gefahren Vorsorge getroffen werden. Herkömmliche Analysen mit oft zufällig verteilten Bohrungen analysierten nur punktuell. Sein Verfahren analysiere flächendeckend. Danach könne man Bohrungen gezielt und kostensparend einsetzen. Und überhaupt: Man könne mit dem Verfahren nicht nur Kosten sparen, sondern Katastrophen durch Erdrutsche, Lawinen oder Dammbrüche verhindern und falsche Bauweisen von vornherein vermeiden, sagt Ladwein. Bei der weltweiten Zusammenarbeit mit Universitäten ergebe sich überall das gleiche Bild: Ob in Venezuela, der Karibik oder Rumänien, überall stimmten alte Schadensfälle zu 100 Prozent mit den Aussagen der Ladwein-Karten überein. Was sich anhört wie eine gute Werbestrategie, wird von Fachleuten auch in deutschen Landen bestätigt. Stefan Greiving, Dozent für Raumplanung an der Uni Dortmund, lobt das zwei Jahre alte Verfahren, weil es für den Einzelfall ermögliche, rechtssichere Aussagen darüber zu treffen, ob Gefährdungen vorliegen und ob die Planung darauf angemessen reagieren könne. Einer, der in der Region schon Erfahrungen mit der Ladwein-Methode gemacht hat, ist Udo Reihsner vom Ingenieursbüro Max und Reihsner in Neuerburg. "Fünf Baugebiete, die wir schon analysiert hatten, haben wir mit der Ladwein-Karte überprüft. Trefferquote: 100 Prozent." Reihsner ist der Meinung, dass die Ladwein-Karte Pflicht werden sollten. Gefahren könnten so frühzeitig erkannt, unerwartete Kostensteigerungen verhindert werden. Wie Kleinklima-Karten könne das Land die Karten flächendeckend erstellen lassen. Bauherren könnten dann für ihre Baustelle nachfragen, Kommunen hätten geeignete Daten für Flächennutzungs- und Landschaftspläne. Reihsner wundert sich, dass das Verfahren bislang noch auf relativ wenig Resonanz stößt. "Ich habe den Verdacht, dass Geologen und Baufachleute Angst vor Konkurrenz haben. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Sie könnten gezielter eingesetzt werden." Im Landesbetrieb für Straßen und Verkehr in Trier kennt man das Verfahren von Ladwein jedenfalls nicht. Und was den Hang bei Zeltingen-Rachtig angeht, sagt Klaus Wittenkämper, stellvertretender Leiter des Landesbetriebs für Straßen und Verkehr: "Die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Erst danach kann sich ein Dritter ein Urteil darüber erlauben."

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