Die Entdeckung der Innenstadt

Wittlich · Wittlich kann mit großen Industrie- und Gewerbeflächen und genügend Bauland am Stadtrand punkten. Gleichzeitig drohen aber im Zentrum Leerstände und der Verfall von Gebäuden. Die Stadt will dies ändern. Öffentliche Zuschüsse helfen dabei.

Wittlich. In der Wittlicher Innenstadt, vor allem im Bereich rund im die Pfarrkirche St. Markus, reiht sich ein Geschäft an das nächste. Doch es gibt auch einige Lücken - geschlossene Läden, die keine neuen Besitzer oder Pächter gefunden haben. So wie das Haus Burgstraße 21. Bis zum Jahr 2000 führten dort Margret Dümler und ihr Bruder Hans-Walter Dümler ein Geschäft für Haushaltswaren.
Bauliche Probleme


Ein Betrieb mit langer Tradition, denn Ludwig Klerings gründete hier 1862 eine Messerschmiede. Die Familien Klerings/Dümler verkauften über mehrere Generationen hinweg Messer, Scheren und andere Stahlwaren. Seit zwölf Jahren steht der Laden leer. Damit es nicht ganz so trostlos aussieht, wirbt im Schaufenster ein Reiterhof mit bunten Postern.
Aus Altersgründen und weil kein Nachfolger bereitstand, mussten die Dümlers den Traditionsbetrieb aufgeben. Mietanfragen gab es viele, sagt Margret Dümler, doch stets scheiterte eine Übernahme an den baulichen Verhältnissen. Der Laden und der Wohnbereich im oberen Stockwerk haben nur einen gemeinsamen Zugang.
Wenige Meter weiter erinnert nur noch eine Aufschrift an der Fassade, dass hier einst das Lederhaus Lütticken Taschen, Geldbörsen und Koffer verkaufte. In den Schaufenstern des geschlossenen Ladens stellen einheimische Maler ihre Werke aus.
Dümler und Lütticken, das sind zwei von 20 Läden, die derzeit in der Wittlicher Innenstadt leerstehen.
Immobilien-Leerstand im Zentrum - damit haben viele Städte zu kämpfen. Die Stadt Wittlich will gegensteuern. 2009/10 entwickelte die Stadtverwaltung ein umfangreiches Innenstadt-Entwicklungskonzept. Es ist eine Bestandsaufnahme und formuliert ein Handlungskonzept. Als Schwachstellen wurden ein hoher Sanierungsstau und Leerstände im Wohn- und Gewerbebereich festgestellt.
2009 bemühte sich die Stadtverwaltung ferner ein auf die Kernstadt Wittlichs passendes Förderprogramm zu finden. Die Wahl fiel auf das Bund/Land-Förderprogramm "Aktive Stadtzentren". Gefördert werden die Modernisierung und Sanierung von Altbauten. Die Förderquote beträgt 25 Prozent, maximal 80 000 Euro pro Objekt. Beispiel: Kostet die Sanierung eines Hauses 120 000 Euro, erhält der Bauherr 30 000 Euro Zuschuss. Davon zahlt das Land/Bund 20 000 Euro, die Stadt 10 000 Euro.
Auch der Abriss alter Gebäude, um auf der Fläche einen Neubau zu errichten, wird bezuschusst. Kostet der Abbruch 60 000 Euro, gibt es dafür 40 000 Euro.
Mit dem Programm "Aktive Stadtzentren" wurden bislang 18 Millionen Euro an privaten Investitionen angeschoben, rechnet Rainer Wener von der Wirtschaftsförderungsabteilung der Stadt vor. Die Stadt habe dabei insgesamt 452 000 Euro an Zuschüssen gezahlt. Wener: "Mit jedem Euro, den wir ausgegeben haben, wurden 40 Euro für Baumaßnahmen in der Innenstadt investiert. Das ist schon beeindruckend."
Zu den größten Baumaßnahmen zählt das 6,5 Millionen-Euro-Projekt "Altstadt - die Neue" mit Passage zwischen Neustraße und Altneugasse, Geschäftsräumen, barrierefreien Wohnungen und Tiefgarage. Investor ist die Firma Lohner in Polch (der TV berichtete).
Rund sieben Millionen Euro investieren derzeit zwei Morbacher Unternehmer in den Bau des "Lieser-Domizils". Mitten in der Stadt entstehen rund 30 Wohnungen plus Tiefgarage auf dem Grundstück der ehemaligen Kohlehandlung Petri.
Laut einer Erhebung der Stadtverwaltung wohnten im vergangenen Jahr insgesamt nur noch 608 Menschen im Wittlicher Stadtkern. Rainer Wener ist sicher: "Es entstehen neue und attraktive Wohnungen. In einigen Jahren werden deutlich mehr Menschen im Stadtzentrum leben."
Extra

Das Entwicklungskonzept führt Stärken und Schwächen der Wittlicher Innenstadt auf: Stärken: historisch gewachsene Altstadt, markante Plätze, stadtbildprägende Gebäude, überwiegend homogene Baustruktur. Schwächen: hoher Sanierungsstau; kleine, nicht marktgängige Gewerbeflächen, Leerstände im Wohn- und Gewerbebereich, häufig kein separater Zugang zu Wohnungen in den Obergeschossen, Mangel an privaten Stellflächen. sim

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