Jetzt geht’s den Schweinen an den Kragen

WITTLICH. "Der Unterbau ist das Wichtigste, wenn das Gerüst nicht richtig steht, ist alles verloren": Die Männer auf dem Wittlicher Rummelplatz wissen wovon sie sprechen. Jeder Handgriff beim Aufbau der Fahrgeschäfte sitzt. Zwei Tage schrauben sie, bevor "Wilde Maus", Riesenrad, Geisterbahn und Co. wieder tausende von Gästen hoch über die Dächer Wittlichs hinaus katapultieren – Nervenkitzel inklusive.

Nass geschwitzt sind die Männer auf dem Rummelplatz. Mit schwerem Gerät hieven sie Stützmasten, Halterungen und Stangen an Ort und Stelle. Zwei Tage lang sind fünf Leute allein mit dem Aufbau des Riesenrads beschäftigt. Erst kommt die Grundkonstruktion, dann Stützmasten, das Rad und schließlich die Gondeln und die Beleuchtung. Robert Gormanns führt das Geschäft schon in sechster Generation. "Wir sind zum ersten Mal auf der Säubrennerkirmes. Der Kollege, der sonst immer kommt, war terminlich verhindert", sagt Gormanns. Stolze 38 Meter ist sein Riesenrad hoch. Von dort oben hat man eine fantastische Aussicht auf die Stadt. Aber die können die Männer noch nicht genießen. Hoch konzentriert schrauben sie das Fahrgeschäft zusammen. Gesprochen wird nur wenig. "Weiter nach rechts, Stopp, gut, jetzt runter": Minimal-Kommunikation. Die meisten Schausteller sind seit Jahren im Geschäft. "Wenn sie etwa so ein Riesenrad mit einer Gruppe von fünf Neulingen aufbauen wollten, wären sie in einer Woche noch nicht fertig. Da braucht man ein eingespieltes Team", sagt Gormanns. An den Ständen wird gewischt, gewienert und geräumt, Plüschtiere bevölkern die Regale der Losbuden, Kinderträume tummeln sich in riesigen Plastiksäcken davor - und auch in Wittlich geht nichts ohne Spongebob, eine lustige Figur, die ein bisschen wie "Bernd das Brot" aussieht. Premiere feiert dieses Jahr in Wittlich das Zottelmonster, eine riesige grüne Figur, die die Geisterbahn-Fahrer begrüßt. "Das Zottelmonster spricht und bewegt dabei seine Lippen wirklich so, als würde es die Wörter formulieren", sagt Rudolf Schütze, Chef des Fahrgeschäfts. 25 000 Euro hat das grüne Ungeheuer gekostet. Eine Rieseninvestition. Schütze selbst fährt jeden Tag mit seiner Geisterbahn, um sich von der Funktionstüchtigkeit zu überzeugen. "Bolzen abschmieren", "Haltebügel prüfen", "Neue Kette für Nummer 9": Jeden Handgriff notiert er in seinem Wartungsbuch. Der Unfall auf der Dauner Kirmes beim Fahrgeschäft Sling-Shot (der TV berichtete) findet Schütze mehr als tragisch. "So was darf nicht passieren. Von der Sicherheit hängt unser ganzer Berufsstand ab", sagt der Schausteller, der das Geschäft in sechster Generation führt: "Seit 1923 haben wir Geisterbahnen, davor arbeitete unsere Familie als Gaukler." Schon als Kind war Schütze auf der Säubrenner. "Diese Kirmes ist für mich etwas Besonderes, weil sich die Leute hier mit dem Fest identifizieren", sagt der Kirmes-Profi. Drei Tage sind seine sechs Leute mit dem Aufbau beschäftigt. "Der Unterbau ist das Wichtigste. Wenn der nicht steht, ist alles verloren", sagen die Männer bei der "Wilden Maus". Seit acht Jahren hat ihr Chef Rolf Barth dieses Fahrgeschäft im Programm. "Als erstes prüfe ich immer den Platz. Das ist wichtig für die Standsicherheit", sagt Barth, der sich auch heute noch eine Runde auf seiner "Wilden Maus" nicht nehmen lässt. Dass hiesige Schausteller sich die Säubrenner nicht entgehen lassen, versteht sich fast von selbst. So kommt Inge Gombold schon seit zehn Jahren mit ihrem Enten-Angel-Stand nach Wittlich. "Hier ist immer super Stimmung, und ich treffe viele Bekannte", sagt die Chefin der Enten, die gebürtig aus Bausendorf kommt. Damit sich Kirmesgäste wirklich nicht zu sorgen brauchen, gibt es eine Bauabnahme, bei der überprüft wird, ob Gerüste und Fahrgeschäfte ordnungsgemäß gesichert sind. Ebenso werden die Ess- und Getränkestände überprüft. Doch bis dahin stehen den Schaustellern noch einige Stunden Schufterei bevor. Im Ponyrondell werden vier Kubikmeter Späne verteilt, beim Schwarzwald-Grill laufen die ersten Rollbraten am Spieß, vor den Wohnwagen wird Wäsche aufgehängt. Fasziniert beobachten Zaungäste das bunte Treiben. Keine Frage, in Wittlich herrscht Ausnahmezustand: In der Säubrenner-Stadt geht's den Schweinen an den Kragen. Weitere Infos zur Kirmes auf SEITE 10

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