Schatzfund im Museumsarchiv

Traben-Trarbach · Im Archiv des Mittelmosel-Museums in Traben-Trarbach hat jahrzehntelang ein ganz besonderer Schatz geschlummert: Ein Familienstammbuch, das um 1725 vom Erbauer der Barockvilla Böcking angelegt worden war und bis ins 19. Jahrhundert von Sohn und Enkel fortgeführt wurde, lässt die Ahnengalerie der einstigen reichen Trarbacher Kaufmannsfamilie lebendig werden.

 Museumsleiter Christof Krieger mit dem wiederentdeckten Stammbuch Johann Adolf Böckings. Foto: privat

Museumsleiter Christof Krieger mit dem wiederentdeckten Stammbuch Johann Adolf Böckings. Foto: privat

Traben-Trarbach. "Anno 1695, den 19. Augusti, bin ich Adolph Böcking auf diese Welt geboren, morgens vor 1 Uhr im Zeichen des Schützen und am Bartholimei Tag zu einem Christen durch die heilige Tauf gemacht." So lauten die ersten Sätze in dem ledergebundenen Folianten, der Jahrzehnte lang unentdeckt im Mittelmosel-Museum lag. Der Eintrag stammt von niemand anderem als dem späteren Erbauer der um 1750 errichteten Barockvilla. Böcking, Sohn des damals einige Jahre in Winningen tätigen Trarbacher Handelsmannes Johann Richard Böcking, legte offenkundig nach der Geburt seines eigenen ältesten Sohnes 1726 eine Art Stammbuch an, in dem er die wichtigsten Familienereignisse festhielt.
So erfahren wir, dass er 1714 im Alter von 19 Jahren "auf die Wanderschaft gangen" ist, um fünf Jahre darauf nach Abschluss seiner kaufmännischen Ausbildung aus Holland in seine Heimatstadt zurückzukehren. Sechs Jahre später schloss er in Ems die Ehe "mit der damaligen Jungfer Margaretha Barbara Dorbeck", Tochter des dortigen Schultheißen. Die folgenden Einträge berichten mit steter Regelmäßigigkeit von der Geburt seiner insgesamt zehn Kinder, bevor Böckings Frau im Oktober 1744 im Alter von nur 39 Jahren bei der Geburt der jüngsten Tochter Theresia Elisabeth - diese sollte 22 Jahre später in die reiche Tuchmacherdynastie Scheibler in Monschau einheiraten - am Kindbettfieber verstarb. "Wie wohl sie sich niemalen um den Handel bekümmert, so hat mich ihre Gegenliebe, Aufrichtigkeit, Freundlichkeit und stilles Wesen in allem herzhaftig gemacht und hab den Segen Gottes durch sie in allem meinem Vernehmen gespürt", vertraute der 49-jährige Witwer seine Trauer daraufhin dem Buch an.
"Das ist so, als ob die Bilder in der Ahnengalerie plötzlich lebendig würden", sagt Museumsleiter Christof Krieger. Nicht zuletzt erinnere der ungewöhnliche Archivfund eindrücklich daran, dass das Mittelmosel-Museum mehr als die üblichen Ausstellungsräume beherbergt: "In dem Haus wurde geliebt und gelacht. Dort wurden Ehen geschlossen und Kinder geboren - und oft genug schon bald danach wieder betrauert!"
Dass das Stammbuch erst jetzt entdeckt wurde, liegt vor allem am Umfang und der Vielfalt der historischen Schriftstücke, die von Museumsgründer Dr. Spies in seiner unermüdlichen lebenslangen Sammelleidenschaft neben den Abertausenden anderen Museumsobjekten zusammengetragen worden waren. Zwar hatte Krieger, dessen besonderes Interesse als Historiker gerade dem Archivgut galt, bereits unmittelbar nach seinem Dienstantritt vor zehn Jahren die zuvor verstreuten Dokumente gesichtet und für diese eigens einen Archivraum eingerichtet. "Doch ich habe seitdem nie die Zeit gefunden, mich mit jedem einzelnen Aktenstück einmal näher zu beschäftigen", so der Museumsleiter. Erst die Anfrage eines befreundeten Historikers zu einem anderen Thema lenkte nunmehr Kriegers nähere Aufmerksamkeit auf den äußerlich unscheinbaren Folianten, der in seinem hinteren Teil zudem eine detaillierte Aufstellung aller bei Böckings Tod 1770 verliehenen Kapitalien enthält und so neben der Familien- auch aufschlussreiche Einblicke in die lokale Wirtschaftsgeschichte bietet. Darüber hinaus waren in dem Stammbuch aber auch einige weitere Familiendokumente aus den Anfangsjahren der Barockvilla Böcking eingelegt. So gibt es einen Nekrolog auf Johann Adolfs Schwiegertochter Eleonore Hauth, die 1785 mit 48 Jahren "sanft in ihrem Erlöser einschlief ".red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort