Kirche XXL-Pfarrei Wittlich wird ausgesetzt – Wie geht es weiter?

Wittlich/Trier/Rom · Gegen die großen Pläne des Bistums, eine XXL-Pfarrei Wittlich mit neuen Strukturen zu schaffen, haben Kritiker im Vatikan Einspruch eingelegt. Rom berät. Die Pfarrei der Zukunft liegt auf Eis.  Wie kommt das vor Ort an?

 St. Markus in Wittlich wird vorerst kein Sitz einer XXL-Pfarrei.

St. Markus in Wittlich wird vorerst kein Sitz einer XXL-Pfarrei.

Foto: TV/Christian Moeris

Viel Wind um nichts? In letzter Zeit sorgte das Bistum Trier mit seinen Plänen zur Bildung von Pfarreien der Zukunft für große Schlagzeilen. Die erste XXL-Pfarrei mit neuen Strukturen in der Leitung und Verwaltung wollte das Bistum Trier in Wittlich gründen (der TV berichtete).
Für die kleinen Kirchengemeinden in Deutschlands ältester Diözese im Dekanat Wittlich hätte damit zum Jahreswechsel das letzte Stündlein geschlagen. Die geplante XXL-Pfarrei mit einer Fläche von 625 Quadratkilometern wäre in etwa ein Viertel so groß wie das Saarland geworden. Noch gibt es in dem Gebiet 40 Pfarreien, die laut dem Dekret des Bischofs ab 1. Januar nicht mehr existieren sollten. Dazu zählt die mit 171 Katholiken kleinste Pfarrei Heckenmünster Kreuzerhöhung ebenso wie die von der Anzahl der 4290 Gläubigen her größte Pfarrei St. Markus Wittlich.

Die neuen Leitungsteams aus einem Pfarrer und weltlichen Vertretern aus der Gemeinde waren bereits bestimmt und hatten ihre vorbereitende Arbeit bereits vor Wochen aufgenommen. Die Leitung der neuen XXL-Pfarrei hätte unter anderem Pfarrer Mathias Veit, Dechant im Dekanat Mayen, übernehmen sollen. Im Mayener Pfarrbrief nahm er bereits von seinen Gemeindemitgliedern Abschied und lud für diesen Sonntag zu seinem Abschiedsgottesdienst ein.

Auch als Ende Oktober die bistumskritische Initiative Kirchengemeinde vor Ort am Kirchengericht in Rom Klage einreichte, um das von Bischof Stephan Ackermann erlassene Gesetz über die neuen Großpfarreien zu blockieren, ahnte noch kaum jemand, was kurze Zeit später folgen sollte: Der Vatikan hat die im Bistum Trier seit langem geplante Pfarreienreform von Bischof Stephan Ackermann auf unbestimmte Zeit ausgesetzt (der TV berichtete). Vorerst bleibt alles beim Alten.

Muss man da nicht enttäuscht sein, wenn man voller Elan in den Startlöchern zur Gründung der Pfarrei der Zukunft Wittlich steht, es aber dann doch gar nicht losgeht?

„Ich finde das schade, weil ich jetzt nicht durchstarten kann. Man wird ernannt und will loslegen, kann es aber nicht wirklich“, sagt Sarah Engels aus Piesport. Die 35-jährige PR-Beraterin aus Piesport hätte zum Jahreswechsel im Leitungsteam der neuen XXL-Pfarrei sitzen sollen. „Es es ist aber trotzdem noch nicht aller Tage Abend“, sagt sie. „Die Pfarrei der Zukunft ist ja nicht abgesagt, sie wird jetzt nur überprüft. Wir müssen das bei aller Motivation aushalten.“

Aber selbst wenn sich das Kirchengericht in Rom gegen die Pfarrei der Zukunft entscheiden würde,sagt Engels, „ brauchen wir ja dennoch neue Lösungen. Denn so kann es ja nicht weitergehen, wenn nur noch 25 Prozent der Menschen an Weihnachten in die Kirche gehen.“ Um das zu ändern sei sie angetreten, sagt Engels, und um in der Pfarrei wieder mehr Berührungspunkte zur Kirche herzustellen. „An was könnte es denn liegen, dass die Leute mit Kirche und Gottesdiensten nichts mehr anfangen können?“, fragt sie und meint, „inhaltlich kann man vieles bearbeiten – unabhängig davon, was in Rom beschlossen wird.“ Trotz der Verzögerung auf unabsehbare Zeit bleiben alle Hauptamtlichen mit Arbeitsvertrag im Dienst des Bistums. Niemand verliere seinen Job, sagt Engels.

Seinen Job behält auch Pfarrer Mathias Veit im Bistum Mayen. Er wird nämlich nun gar nicht zum Jahreswechsel nach Wittlich ins Leitungsteam einer XXL-Pfarrei wechseln, so wie es urtümlich geplant war. „Emotional ist das für mich gar nicht so einfach, weil ich dabei war, mich innerlich auf die Umstellung vorzubereiten“, sagt Veit, der seit 2008 Dechant und leitender Pfarrer in der Pfarreiengemeinschaft Mayen ist. „Für den kommenden Sonntag hatte ich in Mayen meine Verabschiedung geplant. Die konnte ich nun noch so gerade absagen.“ Durch die Entscheidung aus Rom sei die Verabschiedung nun überholt, sagt Veit. „Obwohl so ganz überraschend kam es ja dann doch nicht. Die Klagen gegen das Gesetz des Bischofs waren ja bekannt.“ Veit glaubt nicht, dass die Strukturreform des Bistums ganz zurückgedreht wird, „sondern dass sie wahrscheinlich nicht eins zu eins umgesetzt wird. Dieses hin und her gilt es jetzt auszuhalten.“ Er hoffe jetzt nur, dass die Leute, die schon für die Räte der XXL-Pfarrei kandidiert hätten „und bereit waren mitzugehen, nun nicht ihren Elan verlieren und ihre Bereitschaft aufrechterhalten“.

Es sei traurig, dass es jetzt mit der Pfarrei der Zukunft nicht weitergehe, sagt auch Dechant Johannes Jaax vom Dekanat Wittlich. „Aber andererseits ging es damit vielen Menschen in letzter Zeit zu schnell. Das ist eine zweischneidige Sache. Nun hat man nochmal Zeit sich zu sortieren. Es sollte nichts mit der heißen Nadel gestrickt werden.“ Jaax gibt aber auch zu, dass dieses „rinn in die Kartoffeln und russ uss die Kartoffeln“, wie er es nennt, für den Prozess auch nicht gerade förderlich sei. Mit einer Entscheidung aus Rom sei nicht vor nächstem Sommer bis hin zu zwei Jahre zu rechnen, sagt der Dechant.

Einzige Veränderung erfährt das Dekanat vorerst nun durch den Wechsel von Pfarrer Bruno Comes von der Kreisstadt nach Bernkastel-Kues. Er soll dort beim Aufbau einer XXL-Pfarrei helfen. In Wittlich ist er seit 2012.

„Das ist ein Einschnitt, aber alle Pfarrer haben zugesagt, bei seiner Vertretung und zur Schließung der Vakanz mitzuhelfen“, sagt Jaax. „Es darf ja niemand in ein pastorales Loch fallen.“ Die seelsorgerische Betreuung bleibe im Dekanat gewährleistet.

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