Beherbergungsverbot Dehoga fordert: Kein Alkohol auf öffentlichen Plätzen

Trier/Mainz · Verband will Partys und Trinken in Bars und Hotels verlagern. Wirrwarr ums Beherbergungsverbot stiftet Chaos in der Region.

 Anstoßen nur noch in Bars, Kneipen und Hotels? Weil Partys die Corona-Zahlen steigen lassen, fordert der Dehoga, Alkohol und private Feiern im öffentlichen Raum zu verbieten.

Anstoßen nur noch in Bars, Kneipen und Hotels? Weil Partys die Corona-Zahlen steigen lassen, fordert der Dehoga, Alkohol und private Feiern im öffentlichen Raum zu verbieten.

Foto: dpa/Angelika Warmuth

Bevor sich Bund und Länder heute treffen, um über die Folgen steigender Corona-Infektionen zu beraten, pocht der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga auf massive Einschnitte für private Partys. Landeschef Gereon Haumann fordert ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen mit Ausnahme von Hotels und Gastro-Unternehmen, die eine Betriebserlaubnis haben. Auch private Feiern sollen nur noch in Kneipen, Bars, Restaurants oder Hotels erlaubt sein, regt Haumann an. Momentan sind in Rheinland-Pfalz 75 Teilnehmer bei privaten Feiern erlaubt. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) kündigte an, die Zahl auf 25 begrenzen zu wollen.

Haumann sagt: „Ich trage es mit, wenn Land und Bund den Hotspot bei den ,Party People‘ sehen, die im Freien unkontrolliert feiern.“ In Betrieben wie Bars und Kneipen hafte im Notfall ein Besitzer, wenn Corona-Regeln missachtet würden. „Es braucht Vorfahrt für Gastro-Profis, die auf die Corona-Regeln achten und Gäste kontrolliert feiern lassen. Es braucht auch Einhalt gegenüber Gastro-Amateuren“, so der Dehoga-Landeschef.

Er begrüße, dass das Land das Beherbergungsverbot aufgehoben hat und Hotels in Rheinland-Pfalz nun Touristen aus innerdeutschen Risikogebieten empfangen dürften. „Es ist erfreulich, dass die Landesregierung um kurz vor Zwölf die Kurve bekommen hat. Der Schaden war groß, weil es eine riesige Stornowelle von Urlaubern gegeben hat. Der Schaden wäre aber noch größer geworden, wenn das Verbot nicht aufgehoben worden wäre.“

Trotzdem stiftet das Beherbergungsverbot weiter Unruhe bei Hoteliers in der Region Trier. Einerseits wegen der politischen Kehrtwende: Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hatte am Montag angekündigt, das Beherbergungsverbot nicht umzusetzen, weil Rückmeldungen „verheerend“ gewesen seien. Die Triererin will heute beim Gespräch mit Bund und Ländern erörtern, welche Regeln künftig deutschlandweit für Touristen aus Risikogebieten gelten. Am Freitag hatte die rot-gelb-grüne Ampelkoalition das Beherbergungsverbot wiederum abgenickt.

Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner twitterte: „Hü und Hott in RLP: Erst verkündet MP Dreyer ein Beherbergungsverbot, überlegt es sich dann am Wochenende, um es heute wieder aufzuheben.“ CDU-Landesgeneral Gerd Schreiner kritisierte Wirtschaftsminister und FDP-Bundesgeneralsekretär Volker Wissing, der unserer Zeitung gegenüber das Kippen des Beherbergungsverbots gelobt und Bundeskanzlerin Merkel für Überregulierungen kritisiert hatte. „Wenn Wissing gegen Überregulierung ist, warum hat er dann im Kabinett von Malu Dreyer noch vor wenigen Tagen dem Beherbergungsverbot zugestimmt? Wissing scheint dem Spagat zwischen Berlin und Mainz nicht gewachsen zu sein“, lästerte Schreiner über den Rückwärts-Purzelbaum der Ampelkoalition und sprach vom „doppelten Wissing“.

Einzelne Tourismusbetriebe schrieben ihren Mitgliedern dann am Mittwoch noch, dass das Stopp für das Beherbergungsverbot in Rheinland-Pfalz ohnehin ins Leere laufe. Denn strenge Regeln für Hoteliers, die dem Beherbergungsverbot nahezu gleichen, stünden bereits in der geltenden Corona-Bekämpfungsverordnung.

Dort heißt es: „Auf der Internetseite der Landesregierung können Landkreise, Gemeinden oder abgegrenzte Gemeindeteile innerhalb Deutschlands bekannt gemacht werden, in denen ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus Sars-Cov-2 besteht.“Betriebe dürften keine Personen zu touristischen Zwecken aufnehmen, die aus einem Gebiet anreisen oder dort ihren Wohnsitz haben, für das zum Zeitpunkt der Anreise eine solche Bekanntmachung bestehe. Ausgenommen seien Personen, die einen negativen Corona-Test vorlegen könnten, der nicht älter als 48 Stunden ist.

Gilt in Rheinland-Pfalz also doch ein Beherbergungsverbot für Gäste aus Risikogebieten, auch wenn es nicht Beherbergungsverbot heißt? Nein, heißt es vom Corona-Kommunikationsstab der Landesregierung auf Nachfrage. Für Reisende aus Deutschland nach Rheinland-Pfalz bestünden „keine Beschränkungen“ mehr. Wenn Hotels es nicht unbedingt von sich aus forderten, müssten Gäste keinen negativen und höchstens 48 Stunden alten Corona-Test vorlegen, wenn sie aus innerdeutschen Gebieten nach Rheinland-Pfalz einreisten. Trotzdem empfehle man, bei Krankheitssymptomen zu Hause zu bleiben.

Eine Änderungsverordnung müsse das Land nicht machen, weil – und hier kommt als Begründung wieder die Internetseite ins Spiel – „wir innerdeutsche Risikogebiete auf unserer Homepage nicht aufführen und dadurch das Beherbergungsverbot nicht anwenden.“ Spitz gesagt: Das Land trickst die eigene Corona-Bekämpfungsverordnung aus.

Gewissheit, wie es mit Reisenden aus innerdeutschen Risikogebieten weitergeht, dürften Hoteliers und Touristen erst nach der Runde von Bund und Ländern haben. Dehoga-Landeschef Gereon Haumann fordert von Bundeskanzlerin Angela Merkel, das Beherbergungsverbot komplett abzuräumen. Der Mann mit dem CDU-Parteibuch warnt auch vor einem „Schaulaufen der Kanzlerkandidaten“ bei neuen Regeln. „Ich sehe die Riesengefahr, dass wir Menschen mit unverständlichen Regelungen die Akzeptanz für Einschränkungen nehmen und in die Hände von Verschwörungstheoretikern oder rechten Parteien treiben“, sagt Haumann, der als Beispiel das Beherbergungsverbot kritisiert. „Mir ist kein Fall bekannt, in dem ein Gast in einem unserer Betriebe durch den Aufenthalt als Übernachtungsgast sich an Corona infiziert hat. Die Zeiten von Schlafsälen oder sonstigen Sammelunterkünften sind in rheinland-pfälzischen konzessionierten Beherbergungsbetrieben schon lange vorbei.“

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