Wissenschaft Sie fliegen für mehr Klimaschutz

Airbase Ramstein · Die deutsche und die US-amerikanische Luftfahrtbehörde untersuchen in Ramstein gemeinsam, wie Flugreisen umweltfreundlicher werden kann. Es sind Grundlagen-Forschungen, die viel verändern könnten.

 Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA führen im Januar 2018 erstmals gemeinsame Forschungsflüge in Deutschland durch. Im Fokus stehen die Emissionen von alternativen Kraftstoffen und die Charakterisierung der Eiskristalle in Kondensstreifen, wobei exemplarisch Biokraftstoff zum Einsatz kommt. Foto: DLR

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA führen im Januar 2018 erstmals gemeinsame Forschungsflüge in Deutschland durch. Im Fokus stehen die Emissionen von alternativen Kraftstoffen und die Charakterisierung der Eiskristalle in Kondensstreifen, wobei exemplarisch Biokraftstoff zum Einsatz kommt. Foto: DLR

Foto: TV/Florian Friz

Die Motoren eines mächtigen Militärflugzeugs dröhnen. Mit hängenden Flügeln stehen die grauen Riesen vor grauen Hangars im Nieselregen auf dem scheinbar unendlichen Asphalt der Ramsteiner Flugzeugrampe.

Zwei Maschinen stechen aus all dem Grau heraus. Weil sie schlank und weiß sind. Weil 50 Journalisten sie neugierig umringen. Und weil sie eine ganz und gar außergewöhnliche Mission haben: Da wäre das deutsche Forschungsflugzeug A320 Atra. Und die DC-8 der Nasa – ein fliegendes Labor. Dort, wo in normalen Flugzeugen Passagiere sitzen, warten in der DC-8 Massenspektrometer und allerlei andere Messgeräte darauf, Rußpartikel, Abgase und Eiskristalle aus dem Kondensstreifen des vorausfliegenden Flugzeugs zu messen.

Die US-Luft- und Raumfahrtbehörde Nasa und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt erforschen auf der Airbase Ramstein derzeit gemeinsam, wie das Fliegen umweltfreundlicher werden könnte. Genauer: Sie testen, wie alternative Treibstoffe dabei helfen, weniger Schadstoffe auszustoßen, weniger Kondensstreifen zu erzeugen und so das Klima zu schonen

„Es geht um Nachhaltigkeit“, sagt DLR-Luftfahrtvorstand Rolf Henke. Es gehe darum, den Einfluss der Luftfahrt auf das Klima langfristig zu minimieren. Ganz ähnlich äußern sich auch die Forscher der Nasa. Erstaunlich, angesichts der Tatsache, dass im weißen Haus ein Präsident sitzt, der den Klimawandel alles andere als ernst nimmt. Das Forschungsprogramm sei schon lange geplant, erklärt Bruce Anderson, wissenschaftlicher Leiter der Mission. Man könne diese Probleme nicht ignorieren. Auch im Sinne der amerikanischen Wirtschaft nicht, denn der Flugsektor wachse. Zwei Milliarden Dollar gebe jede Seite für die Studien aus.

 In Ramstein testen Nasa und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, wie Fliegen ökologischer werden kann. Eine DC-8 wurde zum fliegenden Labor umgebaut. TV-Foto: Katharina de Mos

In Ramstein testen Nasa und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, wie Fliegen ökologischer werden kann. Eine DC-8 wurde zum fliegenden Labor umgebaut. TV-Foto: Katharina de Mos

Foto: TV/Katharina de Mos

In ihrem Zentrum stehen Forschungsflüge: Die deutsche Maschine fliegt voraus. Das schwebende Nasa-Labor folgt im Abstand von wenigen Kilometern und „schnüffelt“ an ihren Abgasen und dem Kondensstreifen. 80 Stunden lang werden die beiden bis zum 2. Februar über Deutschland ihre Kreise ziehen. Denn dort herrschen im feuchten Winter gute Voraussetzungen für die Bildung von Kondensstreifen.

Dabei verbrennt die DLR-Maschine auch Treibstoff, der aus Leindotterpflanzen hergestellt wurde. Frühere Tests hatten gezeigt, dass sich der Rußpartikelausstoß eines Reiseflugzeugs um 50 bis 70 Prozent reduzieren lässt, wenn man dem Kerosin zu 50 Prozent Biokraftstoff beimischt. „Die geringere Rußemission bei diesen Kraftstoffen ist eine gute Nachricht für die Umwelt, und sie wäre noch besser, wenn die Flugtests bestätigen, dass sich damit auch die Anzahl der Eiskristalle in Kondensstreifen reduzieren lässt", sagt Anderson. DLR-Forscher Hans Schlager ergänzt: Diese Frage sei von großer Bedeutung, weil Kondensstreifen und die sich daraus bildenden Zirruswolken vermutlich eine größere wärmende Wirkung auf die Erdatmosphäre hätten, als alle Kohlendioxid-Emissionen des Luftverkehrs der vergangenen 100 Jahre zusammen. Rußpartikel dienen nämlich als Kondensationskern für Eiskristalle. Weniger Rußpartikel bedeuten also weniger Kondensstreifen, bedeuten weniger Wolken und weniger Wärme.

Aber wird es eines Tages wirklich so weit kommen, dass die alternativen Kraftstoffe auch im regulären Flugverkehr zum Einsatz kommen? „Da bin ich ziemlich sicher“, sagt Henke. Und er sagt dies, obwohl seine Kollegen betonen, dass es nicht genügend Biokraftstoff gebe. Ein Produkt, das auch deshalb problematisch ist, weil es auf Flächen erzeugt wird, die womöglich auch der Lebensmittelherstellung dienen könnten. Deshalb haben die Wissenschaftler als weiteres Ziel, herauszufinden, ob eine Beimischung von nur 30 Prozent Öko-Kerosin ähnlich gute Ergebnisse liefert.

Henke ist aber auch deshalb optimistisch, weil absehbar sei, dass in Zukunft noch ganz andere alternative Treibstoffe zum Einsatz kommen – solche, die synthetisch erzeugt wurden. „Wir sind dabei, mithilfe von alternativen Energien, mit Sonnenlicht, aus CO2 kohlenwasserstoffbasierte Kraftstoffe herzustellen“, sagt der Luftfahrtvorstand, der es für wahrscheinlich hält, dass diese in Zukunft in großem Maßstab genutzt werden.

Auf die Frage eines Journalisten, wie wichtig diese gemeinsame Forschung sei, sagt Henke: „Das ist ein ganz großes Ding“. Vergleichbares habe es noch nicht gegeben. Auch betonen beide Seiten immer wieder, wie froh sie mit der vertrauensvollen Zusammenarbeit seien. Die Ergebnisse sollen im Laufe des Jahres vorliegen.

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