Frühzeitig gebremst

TRIER/BONN. Im Blitzer-Streit vor dem Bonner Amtsgericht geht es für den Salmtaler Bundestagsabgeordneten Peter Rauen auch um den Führerschein. Bleibt es bei den drei Punkten, ist der bereits häufiger wegen zu schnellen Fahrens aufgefallene CDU-Politiker den Lappen wohl los.

Es ist gut vier Jahre her, da wird bei Spangdahlem (Kreis Bitburg-Prüm) ein weiteres Teilstück der Eifelautobahn A 60 für den Verkehr freigegeben. Viel politische Prominenz ist anwesend, darunter auch der damalige Mainzer Multi-Minister Hans-Artur Bauckhage, der immer für einen flotten Spruch gut ist: "In gut 45 Minuten bin ich in Zukunft in Mainz, hat gerade Peter Rauen zu mir gesagt", meint der FDP-Mann in seiner Laudatio. Die Anwesenden quittieren's mit Schmunzeln: 45 Minuten für rund 200 Kilometer, da müsste der Salmtaler CDU-Bundestagsabgeordnete das Gaspedal aber ganz schön durchtreten. Und sämtliche Geschwindigkeitsbegrenzungen missachten obendrein.Ein Autofahrer, zwei Punktekonten

Mit diesen hat es Peter Rauen in der Vergangenheit offenbar manchmal nicht so genau genommen. Laut Bonner Amtsgericht wurde der schnelle Christdemokrat allein in den vergangenen fünf Jahren sechsmal geblitzt. Die Folgen: Bußgelder und Fahrverbote von insgesamt mehreren Monaten. Nach dem jüngsten Vorfall droht dem 61-Jährigen jetzt sogar der zeitweise Verlust des Führerscheins. Im vorigen Herbst war Rauen mit seinem Mercedes auf der Bonner Stadtautobahn unterwegs, als er mit 111 Kilometern in der Stunde geblitzt wurde. Erlaubt sind dort 80 km/h. Gegen den 150 Euro-Bußgeldbescheid der Stadt Bonn erhob Rauen Einspruch (TV von gestern). Zudem, so der Christdemokrat, sei sein Sohn gefahren. Weil dies auf dem Radarfoto eindeutig widerlegt wird, machte der Sohnemann am Montag vor der Bonner Verkehrsrichterin Susann Ulbert von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Darf man denn einfach ungestraft schwindeln, wenn es um eine Verkehrssache geht? "Er hat ja sehr frühzeitig die Bremse getreten", sagt Theodor Dreser, der Sprecher des Bonner Landgerichts, unserer Zeitung. Er wisse nicht, ob so etwas strafbar sei. Peter Rauens Anwalt verwies am Montag zudem auf die Immunität eines Abgeordneten, also den Schutz eines politischen Amtsträgers vor Strafverfolgung. "Bei Bußgeldverfahren gilt das nicht", meinte Richterin Susann Ulbert. Für Rauen wird die Sache eng, weil sein Flensburger Punktekonto laut Gerichtssprecher Dreser 21 Punkte aufweist. Drei weitere kämen hinzu, wenn der CDU-Politiker den Bonner Bußgeldbescheid nicht vom Tisch bekommt. 21 Punkte in Flensburg? Normalerweise ist der Führerschein doch schon bei 18 Punkten weg. Zuständig dafür ist das jeweilige Straßenverkehrsamt, im Fall Peter Rauen also die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich. Die örtliche Behörde wird von Flensburg informiert, wenn das Punktekonto eines Autofahrers in ihrem Beritt ziemlich voll ist. Ist das im Fall Peter Rauen womöglich versehentlich unterblieben? "Nein", sagt Kreisverwaltungssprecher Alfons Kuhnen. Nur: Jeder Autofahrer habe zwei Punktekonten, eines in Flensburg und eines bei der örtlichen Verkehrsbehörde. Und die könnten durchaus unterschiedliche Punktestände aufweisen. Dann nämlich, wenn der sündige Autofahrer an einem freiwilligen Aufbauseminar teilnehme. Das bringt bis zu vier Punkte Nachlass. Dieser Nachlass muss laut Kuhnen allerdings nicht nach Flensburg gemeldet werden. "Das hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen." Eine Auskunft, die viele Autofahrer überraschen dürfte, aber von Stephan Immen, dem Sprecher des zuständigen Kraftfahrtbundesamts, bestätigt wird. Weil Peter Rauen an einem solchen Aufbauseminar teilgenommen und vier Punkte abgezogen bekommen hat, steht sein Wittlicher Punktekonto jetzt bei 17, was aus datenschutzrechtlichen Gründen offiziell niemand bestätigen will. Ein Punkt mehr - und Rauen müsste den Führerschein abgeben. Klar, dass er sich mit Händen und Füßen dagegen wehrt. Nachdem bis dato alles nichts half, bezweifeln Peter Rauen und sein Verteidiger nun die Richtigkeit der Bonner Radarmessung. Ein Gutachter soll jetzt klären, ob möglicherweise ein anderes Fahrzeug gemessen und Autofahrer Rauen geblitzt wurde. Ein, zwei Monate würden bis zum Vorliegen des Gutachtens wohl vergehen, heißt es im Bonner Amtsgericht. Erst danach werde entschieden. Peter Rauen war gestern telefonisch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

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