Hahn-Verkauf: Malu Dreyer weist Vorwürfe von sich - Ex-Kanzlersprecher hilft als Berater

Mainz · Auch nach der Sondersitzung im Landtag bleiben Fragen offen beim Hahn-Verkaufsprozess. Ministerpräsidentin Malu Dreyer sagt, sie habe keinen Druck gemacht. Personelle Konsequenzen lehnt sie ab.

Donnerstag, 13.30 Uhr, soll Malu Dreyer eigentlich für den Weißen Ring einen Baum in Kaiserslautern pflanzen. So steht es noch am Morgen im Kalender der rheinland-pfälzischen Landeschefin. Doch Dreyer schafft die Reise in die Pfalz nicht. Dreieinhalb Stunden dauert die Sitzung im Landtag, in der sich die Ministerpräsidentin Fragen zu ihrer Rolle im Hahn-Verkaufsprozess gefallen lassen muss. Danach tritt sie noch einmal vor die Presse. "Ich bin gelassen in die Sitzung gegangen und gelassen wieder rausgekommen", sagt sie. 13.30 Uhr ist es, als das Mammutprogramm um den Hahn abgeschlossen ist. Zumindest für den Tag.

Denn das Dreyer-Verhör bringt nur wenig Erhellendes. Gegenseitige Vorwürfe bleiben. Es steht Aussage gegen Aussage. Die KPMG hat in einem Schreiben an die Landesregierung kritisiert, Dreyer habe Druck gemacht, das Verfahren mit dem chinesischen Bieter SYT trotz Zweifeln nicht zu unterbrechen. Die Landeschefin verneint das. Was sie nicht verneint, ist ein Zeitrahmen. Bedingt durch das fehlende Geld am Hahn, das, Stand jetzt, nur bis Ende Oktober reicht. "Jeder Bürger kann von mir als Ministerpräsidentin erwarten, dass wir den Flughafen zügig verkaufen", sagt Dreyer.

Die Opposition sieht so die Vorwürfe der KPMG erhärtet, die an diesem Tag nicht geladen ist. CDU und AfD werfen der Regierung vor, den später geplatzten Hahn-Deal mit der SYT durchgepeitscht zu haben - ohne Rücksicht auf Verluste.
Und auch, wenn der SPD-Abgeordnete Dennis Alt in der Sitzung witzelt, er habe sich "nicht durchgepeitscht gefühlt", bleibt das ein ziemlich humorloser Vorwurf, der Dreyer in der Sitzung wütend macht. "Ich habe zu keinem Zeitpunkt zeitliche Vorgaben gemacht oder den Vertragsabschluss beschleunigt. Solche Behauptungen sind falsch und weise ich deutlich zurück", sagt sie.

Verantwortlich für den Verkauf sei das Innenministerium. Auch Innenstaatssekretär Randolf Stich beteuert in der Sitzung, die Ministerpräsidentin habe ihm nach einem überraschenden Gesellschafterwechsel bei der SYT keine Weisungen gegeben. Dass der Vertrag mit den Chinesen trotz der Turbulenzen am 2. Juni unterzeichnet wurde, habe nicht mit Zeitdruck zusammengehangen. Der Bieter habe zum 30. Mai alle Bedingungen erfüllt, von denen das Ministerium nie abgewichen sei.Doch am 10. Juni blieb eine Zahlung der SYT für Grundstücke am Hahn aus. Die CDU kritisiert Dreyer dafür, dies dem Parlament verschwiegen zu haben, als die Regierung am 14. Juni das Hahn-Veräußerungsgesetz in den Landtag einbrachte. Dreyer entgegnet, es klinge heute absurd, aber: "Wir haben darauf vertraut, dass der Geldtransfer auf dem Weg ist. Das haben wir fehleingeschätzt." Ein Risiko sei dem Land nicht entstanden. Der Vertrag mit SYT ist angefochten. Sollte das Unternehmen dagegen klagen, sehe sie dem gelassen entgegen, so Dreyer.

Personelle Konsequenzen lehnt sie ab. Das Gelingen des Hahn-Verkaufs sei keine Schicksalsfrage. Weitere Kommunikationspannen sollen auf dem Weg dorthin aber vermieden werden. Das Innenministerium hat Béla Anda und dessen Firma als Berater beauftragt. Anda ist ein echter Profi - er arbeitete früher als Sprecher für Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder.Meinung

Der Hahn wird zur Schicksalsfrage"Ob der Verkauf gelingt, ist keine Schicksalsfrage für mich oder die Regierung." Dieser Satz steht im Statement von Malu Dreyer zur Sondersitzung im Landtag. Es ist ein mutiger Satz - und ein falscher. Denn der bislang misslungene Verkauf des Flughafens Hahn erschüttert die rheinland-pfälzische Landesregierung bereits jetzt. Die Regierung muss sich Fragen gefallen lassen, trotz aller Verweise auf die Wirtschaftsberater. Warum wurden Bankbelege der Chinesen nicht gründlich geprüft, als Zweifel aufkamen? Wieso wurde dem Verfahren nicht noch mehr Zeit gegeben? Nicht auszudenken, wie die Stimmung in der Koalition sein sollte, würde der Standort Hahn mit 2500 Arbeitsplätzen fallen. Misslingt der Verkauf auch im zweiten Anlauf, kippt nicht nur ein Minister. Dann ist die Koalition am Ende - und die Regierungschefin auch. f.schlecht@volksfreund.deExtra

Verstimmung gab es in der CDU-Fraktion darüber, dass der Südwestrundfunk (SWR) seine geplante Liveübertragung der Sondersitzung absagte. In einer E-Mail an Journalisten stellt die Union die Frage, wer ein Interesse daran haben könnte - und ob die Staatskanzlei Antworten von Malu Dreyer vor laufender Kamera vermeiden wollte. Regierungssprecherin Andrea Bähner widerspricht Mutmaßungen, es sei politischer Einfluss genommen worden. "Eine Regierung hat kein Hausrecht in Landtag und Ausschüssen. Was dort passiert, entscheidet das Parlament." Der SWR schreibt, er habe von einer Liveübertragung Abstand genommen, weil es möglich gewesen sei, dass die öffentliche Sitzung für vertrauliche Teile unterbrochen werde. Deren Anzahl und Länge sei nicht planbar gewesen. Das habe Landtagssprecher Klaus Lotz dem Sender mitgeteilt. Lotz bestätigt das. Wenn jemand Vertraulichkeit beantrage, dürfe kein Signal mehr nach außen dringen, Journalisten müssten dann den Saal verlassen. "Und ob das dann drei Sekunden oder eine halbe Stunde dauert, ist nicht abzuschätzen." Der SWR hätte eine Übertragung in dem Fall mehrfach unterbrechen müssen und wollte das nicht. In der Sitzung gab es letztlich keinen Antrag auf Vertraulichkeit. Dieser könne unter anderem gestellt werden, wenn die Rechte Dritter berührt werden, erläutert Lotz. flor

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